Kindergeldanspruch bei einjährigem Work & Travel-Jahr

Das FG Bremen entschied zum Kindergeldanspruch bei einjährigem Work & Travel-Jahr und anschließendem Studium eines volljährigen Kindes in Australien.

Work & Travel-Jahr in Australien

Ein volljähriges Kind ist für ein Work & Travel-Jahr nach Australien gereist und hat sich im Laufe dieses Jahres entschlossen, im Zeitraum Juli 2020 bis März 2022 in Australien ein Studium zu absolvieren. Da das Kind im gesamten Zeitraum aufgrund der nur kurzen Dauer der ausbildungsfreien Zeiten, der coronabedingten Reiserestriktionen sowie fehlender Geldmittel nicht nach Deutschland zurückgekehrt ist, spricht das für eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes spätestens ab Studienbeginn, sodass nach § 63 Abs. 1 Satz 6 EStG kein Kindergeldanspruch besteht.

Kindergeld wurde nicht gewährt

Beim vorliegenden Sachverhalt hat die Familienkasse das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes mit der Begründung verneint, dass während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes auch dann nicht ausreiche, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung stehe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehrt die Klägerin mit ihrer Klage weiter die Gewährung von Kindergeld für ihr Kind.

Kein inländischer Wohnsitz

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es vertritt wie schon die Familienkasse die Auffassung, dass die Nichtberücksichtigung eines Kindes, das weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt. Der besondere Schutz der staatlichen Ordnung für Ehe und Familien umschließe unter anderem die Aufgabe für den Staat, Ehe und Familien nicht nur vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern.

Aus dem Gebot der Förderung der Familie erwachsen jedoch noch keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen. So lässt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG insbesondere kein Anspruch auf Kindergeld für Kinder herleiten, die nicht im Inland wohnen. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 EStG und § 32 Abs. 6 EStG).

Tatsächlichen Verhältnisse sind maßgeblich

In diesem Urteil hat das FG weiter darauf hingewiesen, dass das Innehaben einer Wohnung als Voraussetzung für einen Wohnsitz im steuerrechtlichen Sinne objektiviert ist; insoweit seien die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend. Formalrechtliche Merkmale wie die polizeiliche Meldung im Inland, die Erteilung einer Identifikationsnummer nach § 139b AO durch das Bundeszentralamt für Steuern oder die steuerrechtliche Behandlung der Mutter können daher keinen inländischen Wohnsitz des Kindes begründen.

FG Bremen, Urteil v. 7.3.2023, 2 K 27/21 (1)

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