Interview mit Margarete Gräfin von Schwerin, Präsidentin des Landgerichts Bonn

Margarete Gräfin von Schwerin

FF/Schnitzler: Frau Präsidentin, Sie sind seit Dezember 2010, kurz vor Weihnachten, Präsidentin des Landgerichts Bonn, also seit knapp zwei Jahren. Sie sind damit zuständig für die Amtsgerichte Bonn, Euskirchen, Königswinter, Rheinbach, Siegburg und Waldbröl. Sie waren lange Jahre Vizepräsidentin des OLG Köln. Sie sind damit an das Gericht zurückgekommen, an dem Sie viele Jahre als Richterin am Landgericht verbracht haben. Ist die Tätigkeit eine völlig andere als in der Verwaltung des OLG?

Gräfin von Schwerin: Das organisatorische Rüstzeug, dessen es bedarf, das bringt man natürlich mit und das ist hier wie dort identisch. Aber die Funktion ist doch eine andere. Besonders glücklich macht mich, dass ich jetzt hier an der Basis tätig bin. Man merkt schon, dass man hier noch mehr in der Mitte der Kollegenschaft und in der Mitte eines umtriebigen gerichtlichen Geschäftsbetriebes agiert.

FF/Schnitzler: Sie sind als Landgerichtspräsidentin Dienstvorgesetzte für alle Richter im Bezirk des Landgerichts, also auch für alle Familienrichter. Richtigerweise müsste ich allerdings sagen Familienrichterinnen und dann erst Familienrichter, weil der Anteil der Familienrichterinnen in den letzten Jahren doch erheblich gestiegen ist. Beim AG Bonn gibt es 8 Frauen, 2 Männer, beim AG Siegburg ist es noch gravierender, 10 Familienrichterinnen und 1 Mann – Herr Sprenger ist buchstäblich von Familienrichterinnen umzingelt, um das überspitzt zu sagen. Wir haben insgesamt 34 Familienrichterinnen und -richter im Bezirk, davon 27 Familienrichterinnen, denen stehen lediglich 7 Herren gegenüber. Also zumindest bei der Justiz scheint die Frauenquote nicht mehr notwendig zu sein. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Gräfin von Schwerin: Ich hatte mich im Vorfeld unseres Interviews kundig gemacht, wie viele Kolleginnen und Kollegen überhaupt als Familienrichterinnen und -richter tätig sind, aber mich gar nicht mit der genauen Quote befasst. Wenn Sie mir die Zahlen so nennen, dann sind die sicher richtig. Woran mag das liegen? Vielleicht hängt es ein wenig damit zusammen, dass wir tatsächlich inzwischen im Zuge des demografischen Wandels eine Vielzahl jüngerer Kollegen haben und natürlich ist da der Zuwachs weiblicher Kolleginnen in den letzten Jahren relativ stark angestiegen. Das mag ein Grund dafür sein, dass eben auch mehr Frauen als früher im familienrechtlichen Bereich tätig sind; es mag aber auch damit zusammenhängen, dass Frauen oftmals, ich glaube auch von Anwaltsseite und von Seite der beteiligten Parteien, als Familienrichter besonders gerne gesehen sind, weil man ihnen eine erhöhte Qualifikation möglicherweise vor dem Hintergrund zutraut, dass sie selbst oft Kinder haben und in familiären Belangen nicht so gänzlich unbewandert sind.

FF/Schnitzler: Auch was die Führungsaufgaben anbelangt, sind inzwischen die Damen auf dem Vormarsch. Wir haben im Landgerichtsbezirk inzwischen in Rheinbach, Siegburg und Euskirchen Direktorinnen, die gleichzeitig Familiensachen machen. Am bekanntesten ist zweifellos Frau Niepmann vom AG Siegburg, die ja lange Zeit weitere Aufsichtsführende Richterin am AG Köln war und vor allem durch Veröffentlichungen und Vorträge bundesweit bekannt ist.

Gräfin von Schwerin: Ja, ist das nicht eigentlich eine tolle Entwicklung? Auf gute Frauen sollte man doch nicht verzichten. Ich glaube, das ist auch mehr oder weniger dem Zufall geschuldet, wer im Moment, in dem es eine Führungsposition zu besetzen gilt, vorhanden ist, Interesse hat und die konkrete Qualifikation mitbringt. Und wenn das zunehmend auch Frauen sind, dann kann ich nur sagen, das ist ein Trend, der mich nicht mit Besorgnis, sondern eher mit Freude erfüllt.

FF/Schnitzler: Nach den derzeit gültigen Geschäftsverteilungsplänen scheint es so zu sein, dass im LG-Bezirk Bonn keine Familienrichterin auf Probe oder Familienrichter auf Probe beschäftigt wird. Gibt es eine stillschweigende Regelung im OLG-Bezirk, dies wenn irgend möglich nicht zu veranlassen, anders als z.B. im OLG-Bezirk Hamm?

Gräfin von Schwerin: Also von einer definitiven auch nur stillschweigenden Regelung ist mir nichts bekannt. Mir ist aber bekannt, dass alle Präsidien sich des Umstands bewusst sind, dass der familienrechtliche Bereich ein besonders sensibler ist, wo es für die Beteiligen um sehr viel geht und wo ein besonderes Einfühlungsvermögen und eine besonders hohe Kompetenz gepaart auch mit persönlicher Lebenserfahrung erforderlich ist, um die Dinge sachgerecht und qualitativ hochwertig zu erledigen. Vor diesem Hintergrund weiß ich, dass alle Präsidien sehr darauf achten, dass die Kolleginnen und Kollegen, die Familiensachen übernehmen sollen, fachlich wie persönlich diese besondere erforderliche Kompetenz mitbringen. Wir haben ja drei kleinere Amtsgerichte im Bezirk, das sind Rheinbach, Waldbröl und Königswinter. In diesen drei Gerichten bin ich gemäß den einschlägigen Vorschriften des GV...

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