Die lange Reihe der Entscheidungen des BGH zu Vereinbarungen nach den §§ 68 VersAusglG wird mit der Entscheidung vom 30.4.2014 fortgesetzt. Der BGH bestätigt die auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung, dass Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich im Gegensatz zur alten Rechtslage eine hervorgehobene Stellung haben. Nach den Grundsätzen des Ausgleichs folgen die Vorschriften über Vereinbarungen, erst dann die Vorschriften, wie im Einzelnen der Ausgleich durchzuführen ist. Außerdem bestimmt § 6 Abs. 2 VersAusglG ausdrücklich, dass die Gerichte an die Vereinbarung gebunden sind, wenn weder Wirksamkeits- noch Durchsetzungshindernisse bestehen.

Gegenstand der aktuellen Entscheidung ist die Frage, ob von den Ausgleichsregeln der §§ 9 ff. VersAusglG aufgrund einer Vereinbarung abgewichen werden kann. Angedeutet hatte der BGH seine Auffassung schon in seinen Entscheidungen in FamRZ 2009, 198 und FamRZ 2005, 1444. Bei diesen Entscheidungen ging es um die Frage, ob der Halbteilungsgrundsatz ein tauglicher Maßstab für die Beurteilung der Frage ist, ob ein Ehegatte durch die Vereinbarung evident einseitig belastet wird; der BGH hat diese Frage ausdrücklich verneint.

Mit der Frage der Abweichung von den Regeln des Einzelausgleichs und Beschränkung auf den Saldo als Ausgleichswert hat sich, soweit erkennbar, erstmals das Schleswig-Holsteinische OLG beschäftigt.[1] Im konkreten Fall hat es entschieden, dass beamtenrechtliche wechselseitige Anrechte aufgrund einer Vereinbarung nur in Höhe der Ausgleichsdifferenz geteilt werden. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde zugelassen, da ein anderer Senat desselben OLG eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hatte.[2]

Mit seinem Beschl. v. 30.4.2014 hat der BGH die Entscheidung des OLG Schleswig (10. Senat) bestätigt. Soweit die Finanzverwaltung eingewandt hatte, dass § 6 Abs. 1 S. 2 VersAusglG keinen Ausschluss einzelner Anrechte zulasse und dass nur die Gerichte die Teilung der Anrechte vornehmen dürfen, was sich aus den §§ 32, 46 SGB I, § 3 BeamtVG ergebe, hat der BGH grundsätzlich festgestellt, dass durch Vereinbarung der Ehegatten der Versorgungsausgleich ausgestaltet werden darf. Im Rahmen der umfassenden Dispositionsbefugnis bleibt es den Ehegatten unbenommen, ausdrücklich oder – durch eine Saldierungsvereinbarung – konkludent einen gegenseitigen vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs bezüglich der von ihrer Abrede erfassten wechselseitigen Anrechte zu vereinbaren. Der BGH weist darauf hin, dass es auch ein praktisches und unabweisbares Bedürfnis für diese Gestaltungsform gibt, denn dadurch können Teilungskosten nach § 13 VersAusglG und eine Zersplitterung der Altersversorgung vermieden werden.

Von Amts wegen haben die Familiengerichte die Regeln des § 8 Abs. 2 VersAusglG zu beachten. Diese Vorschrift beruht auf dem Rechtsgedanken des Verbotes von Vereinbarungen zu Lasten Dritter. Eine Vereinbarung, durch die einem Versorgungsträger ein nicht vorgesehener Versorgungsausgleich aufgedrängt wird, ist unzulässig. Die Drittbelastungskontrolle verbietet es, eine Vereinbarung zu vollziehen, durch die ein Versorgungsträger mehr als die Halbteilung ehebezogener Anrechte durchführen müsste. Zulässig ist es daher, den Ausgleichswert niedriger anzusetzen, nicht jedoch durch abweichende Höherbewertung eines Anrechts. Unzulässig ist es auch, vom Gesetz abweichende Ausgleichsformen zu vereinbaren.

Im beamtenrechtlichen Versorgungsrecht ist nach wohl überwiegender Rechtsauffassung, der sich der BGH anschließt, eine Vereinbarung zulässig, nach der die beiderseitigen Anrechte auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen saldiert und nur das höherwertigere Anrecht des einen Ehegatten in Höhe der Wertdifferenz geteilt werden soll. Eine solche Vereinbarung enthält keine Vereinbarung zu Lasten des Trägers der Beamtenversorgung und verstößt auch nicht gegen systemimmanente Gestaltungsverbote des Beamtenversorgungsrechts. Ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Verrechnungsabrede den Ausschluss bzw. Teilausschluss des Ausgleichs der beiderseitigen Anrechte zum Inhalt hat und deshalb die Anrechte der Ehegatten bei der Vollziehung der Vereinbarung in einem geringeren Umfang gekürzt werden als es dem gesetzlichen Maßstab entspricht.

Auch eine Drittbelastung kann nicht festgestellt werden unter dem Gesichtspunkt der sog. abstrakten Risikoverschiebung. Zwar kann eine Verrechnungsabrede für den Ehegatten mit dem subjektiven höheren Versorgungsrisiko eine Kürzung seiner Anrechte ganz oder teilweise abwenden. Dasselbe Ergebnis zeitigt aber auch eine Vereinbarung über den Ausschluss eines Anrechts. Hierzu wären die Ehegatten nach § 8 Abs. 2 VersAusglG auch berechtigt, denn es gibt keinen Anspruch des Versorgungsträgers auf Durchführung des Versorgungsausgleichs. Letztlich stehen auch Vorschriften des beamtenrechtlichen Versorgungsrechtes einer solchen Verrechnungsabrede n...

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