Mit seinem Beschluss vom 19.2.2014 hat der BGH eine in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutierte Frage[1] entschieden. Die dabei erörterten tatbestandlichen Voraussetzungen zur Verhängung eines Ordnungsmittels gem. § 89 Abs. 1 FamFG – wie etwa die Vollstreckungsfähigkeit eines gerichtlich gebilligten Vergleichs[2] oder die Frage, wann von einem schuldhaften Verstoß[3] gegen diesen Vergleich auszugehen ist – sind Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung. Anders verhält es sich jedoch mit der Frage, ob auch das Jugendamt Adressat einer Zwangsmaßnahme sein kann. Hierzu hat sich der BGH nunmehr klar positioniert, wobei durch die vorliegende Entscheidung zugleich Fragen in den Vordergrund gerückt werden, die hohe praktische Bedeutung besitzen und erst vor kurzer Zeit Gegenstand einer Gesetzesreform waren.

Zum 5.7.2012 ist das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts abschließend in Kraft getreten,[4] das u.a. neben einer weiter gefassten gerichtlichen Aufsicht gegenüber einem Vormund auch dessen Sorgfaltspflichten mit Blick auf das von ihm vertretene minderjährige Kind konkretisiert hat. Zielsetzung der Gesetzesreform war die Stärkung des persönlichen Kontakts zwischen dem Vormund und seinem Mündel,[5] wobei sich die Notwendigkeit dieses verstärkten Kontakts vor allem in jenen Fällen ergibt, in denen die Amtsvormundschaft durch das Jugendamt wahrgenommen wird, d.h. es an einem gemeinsamen Haushalt zwischen Vormund und Mündel fehlt, so dass nicht bereits im Alltagsablauf fortlaufend die notwendigen Informationen zur Entwicklung und den Bedürfnissen des Minderjährigen bekannt werden.[6] Die damit zwangsläufig verbundene Problematik verschärft sich dadurch, dass die auf familiengerichtlicher Anordnung beruhende Amtsvormundschaft mit einem Entzug der elterlichen Sorge, z.B. nach § 1666 BGB, oder einem Ruhen der Sorge nach §§ 1673, 1674 BGB einhergeht und damit dem bestellten Amtsvormund nach § 55 SGB VIII die Ausübung der elterlichen Sorge obliegt. Dass eine am Kindeswohl orientierte Wahrnehmung der Aufgaben[7] der elterlichen Sorge nur gewährleistet ist, wenn zwischen dem Vormund, d.h. konkret dem Realvormund,[8] und seinem Mündel ein stetiger Austausch stattfindet und nur so das notwendige Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann,[9] liegt auf der Hand.

Insbesondere vor dem Hintergrund in den vergangenen Jahren wiederholt aufgetretener Todesfälle von Kindern in Pflegefamilien und einer dort erkennbar gewordenen zu weitmaschigen Kontaktunterhaltung des Amtsvormunds mit den betroffenen Kindern, hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts u.a. § 1793 BGB neu gefasst, d.h. Absatz 1a eingefügt. Danach hat der Vormund mit seinem Mündel persönlichen Kontakt zu halten und das Kind bzw. den Jugendlichen in der Regel einmal im Monat in seiner üblichen Umgebung aufzusuchen. Im Einzelfall können kürzere oder längere Besuchsabstände geboten sein. Hiermit korrespondiert die in § 55 Abs. 2 SGB VIII vorgenommene Ergänzung, wonach einem vollschichtig und hauptamtlich mit der Führung von Vormundschaften betrauten Mitarbeiter des Jugendamts höchstens 50 Fälle zur Bearbeitung übertragen werden sollen. Auch wenn damit der Gesetzgeber bereits die früher geltende Fallzahl von 120 zu betreuenden Minderjährigen deutlich reduziert hat, ist der unverändert geäußerten Kritik[10] aus diesseitiger Sicht nichts hinzuzufügen. Gleiches gilt für die Überlegung, dass der mit der Gesetzesänderung verfolgte Zweck des Kindesschutzes davon abhängig ist, inwieweit die Jugendämter vor allem mit den notwendigen personellen Mitteln ausgestattet werden.[11] Ein Amtsvormund, der 50 minderjährige Kinder zu betreuen und mit jedem dieser Kinder mindestens einmal monatlich Kontakt unterhalten soll, wird definitiv nicht in der Lage sein, in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit, so tiefschürfend sich einen Überblick darüber zu verschaffen, ob und wenn nein, aus welchen Gründen dieses Kind mit seinen leiblichen Eltern keinen Umgang pflegen möchte. Ebenso wenig wird es ihm zeitlich möglich sein, in umfangreichen Gesprächen sowohl mit dem Kind, vor allem aber auch mit den Pflegeeltern, in der gebotenen Form die Bedeutung eines Umgangs zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern zu erörtern bzw. durch konkrete Maßnahmen diesen Umgang zu unterstützen und zu fördern.

Bezogen auf Fragen im Zusammenhang mit der elterlichen Sorge, d.h. vor allem der Umsetzung von Erziehungsvorstellungen, hatte bereits Dieter Schwab darauf verwiesen,[12] dass die Vorstellungen von Pflegeeltern und Vormund nicht immer deckungsgleich sind, so dass letztlich für das Kind Loyalitätskonflikte entstehen können. Nichts anderes gilt für das Umgangsrecht. Die verfassungsrechtlich gebotene Rückführungsperspektive[13] setzt zwingend voraus, dass grundsätzlich den leiblichen Eltern, auch im Fall der Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie, Umgangskontakte mit dem Kind ermöglicht werden.[14] Das vorab bereits für den Bereich de...

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