Neben der Abänderungsmöglichkeit des § 51 Abs. 1 und Abs. 2 VersAusglG aufgrund nachehezeitlich eingetretener Wertveränderung eines Anrechts ist die Abänderung eines damals in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts nach der Spezialregelung des § 51 Abs. 3 VersAusglG auch dann möglich, wenn es gem. § 1587a Abs. 3 BGB a.F. dynamisiert wurde und der Ausgleich bzw. die Verrechnung des (dynamisierten) Anrechts nachehezeitlich bewertet zu einer wesentlichen Wertverzerrung führt bzw. geführt hat. Im Gegensatz zu § 51 Abs. 1 und Abs. 2 VersAusglG zielt die Abänderungsmöglichkeit damit nicht auf die tatsächliche anrechtsbezogene Wertveränderung, sondern auf die Wertverzerrung aufgrund der Dynamisierung des Anrechts ab.

Aufgrund des Einmalausgleichs im bisherigen Recht (Saldierung) mussten die in die Ausgleichsbilanz einzustellenden Anrechte gleichartig sein.[27] Wichen die Anrechte hinsichtlich ihrer Dynamik und/oder ihres Leistungsspektrums von den Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung ab, mussten sie gem. § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. vergleichbar gemacht werden, d.h. die Anrechte wurden in ein volldynamisches Anrecht umgerechnet. Dies betraf vor allem die berufsständischen, die privaten und privaten betrieblichen Anrechte, aber auch die öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungsanrechte.

Eine Wertverzerrung, die gem. § 51 Abs. 3 VersAusglG eine Abänderung des Anrechts ermöglicht, liegt vor, wenn die Differenz zwischen tatsächlichem Ehezeitanteil und dem damals dynamisierten, auf den heutigen Stand aktualisierten Wert des Ehezeitanteils um mehr als 2 % der monatlichen Bezugsgröße des § 18 Abs. 1 SGB IV abweicht, wobei die Bezugsgröße zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend ist.[28] Im Gegensatz zu der Prüfung nach § 51 Abs. 1 und Abs. 2 VersAusglG liegt die Wertgrenze bei 2 % der Bezugsgröße, da sich die Zulässigkeitsprüfung nicht auf den Ausgleichswert, sondern auf den Ehezeitanteil bezieht. Zudem ist die Bezugsgröße gem. § 18 Abs. 1 SGB IV zum Zeitpunkt der Antragstellung, nicht bei Ehezeitende maßgebend, dies ist der Aktualisierung des damals dynamisierten Betrags geschuldet.

Für eine Zulässigkeitsprüfung benötigt man somit lediglich 5 Werte, die vor allem der Erstentscheidung zum Versorgungsausgleich zu entnehmen sind, die da wären:

Tatsächlicher Ehezeitanteil des Anrechtssiehe Erstentscheidung,
Dynamisierter Ehezeitanteil des Anrechtssiehe Erstentscheidung,
Aktueller Rentenwert zum Ehezeitendesiehe Erstentscheidung,
Aktueller Rentenwert per Antragstellung,
§ 18 Abs. 1 SGB IV – Bezugsgröße per Antragstellung.
 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Ausgangslage: Die rechtskräftige Scheidung der Parteien erfolgte am 1.9.2000. Der 55-jährige ausgleichspflichtige Ehemann verfügte über ehezeitliche betriebliche Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersvorsorge in Höhe von DM 234,70 (= EUR 120,00), die im Anwartschaftsstadium statisch, im Leistungsstadium dynamisch waren. Mangels volldynamischer Bewertung wurde das ehezeitliche betriebliche Anrecht gem. § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. mithilfe der Tabellenwerte der Barwertverordnung (BarWVO) in einen vergleichbaren volldynamischen Wert umgerechnet. Die Dynamisierung erfolgte mittels des Barwertfaktors 5,1 der Tab. 1 BarWVO, der aufgrund der Leistungsdynamik um 60 % auf 5,1 × 1,6 = 8,16 erhöht wurde. Der ehezeitliche Barwert von [12 × DM 234,70 × 8,16] = DM 22.981,82 wurde (fiktiv) in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt. Mittels des entsprechenden Umrechnungsfaktors und des Aktuellen Rentenwerts errechnete sich ein vergleichbarer volldynamischer Wert von DM 22.981,82 × 0,0000950479 = 2,1844 EP × DM 48,58 = DM 106,12 mtl.

Das Gericht hat den umgerechneten volldynamischen Wert von EUR 106,12 monatlich in die Versorgungsbilanz eingestellt. Stand 1. HJ/2014 hat dieses Anrecht einen Wert von 2,1844 EP × EUR 28,14 = EUR 61,47.

Der Wertunterschied zwischen dem tatsächlichen Ehezeitanteil gleich DM 234,70 = EUR 120,00 und dem aktualisierten, dynamisierten Ehezeitanteil beträgt [EUR 120,00 – EUR 61,47] = EUR 58,53 monatlich.

Da dieser Wert oberhalb der 2 %-Grenze des im Jahr 2014 maßgebenden monatlichen Bezugsgrößenwerts gem. § 18 Abs. 1 SGB IV liegt (EUR 58,53 > EUR 55,30 = 0,01 × EUR 2.765), ist die Abänderung des betrieblichen Anrechts gem. § 51 Abs. 3 VersAusglG aufgrund der durch die Dynamisierung gem. § 1587a Abs. 3 BGB a.F. erfolgten Wertverzerrung zulässig.

Für die Prüfung der Zulässigkeit einer Abänderung nach § 51 Abs. 2 VersAusglG sind keine Neuauskünfte erforderlich. Die benötigten Werte liegen den Beteiligten aus der abzuändernden Versorgungsausgleichsentscheidung und in Form der aktuellen Renten- und Bezugsgrößenwerte vor.[29]

[27] Die Gleichartigkeit war hinsichtlich der Dynamik in Anwartschafts- und Leistungszeitraum, aber auch hinsichtlich des Leistungsspektrums zu prüfen. Maßgröße waren die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung (volldynamische Anrechte).
[28] BT-Drucks 16/10144, S. 89.
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