Liegt bereits eine rechtskräftige Entscheidung zum Versorgungsausgleich vor, kann diese abgeändert werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Wie das Abänderungsverfahren durchzuführen ist, richtet sich zunächst danach, nach welchem Recht die abzuändernde Entscheidung getroffen wurde. War noch das bis 31.8.2009 geltende Recht zugrunde gelegt worden, richtet sich das Abänderungsverfahren nach den §§ 51, 52 VersAusglG. Handelt es sich hingegen um eine neuere Entscheidung, welche nach dem seit 1.9.2009 geltenden Recht getroffen wurde, sind die §§ 225 ff. FamFG maßgeblich.

Da die §§ 51, 52 VersAusglG in großen Teilen auf §§ 225 ff. FamFG verweisen, werden zunächst deren Voraussetzungen und Grundlagen dargestellt und anschließend die Unterschiede aufgezeigt.

1. Abänderbare Entscheidung

Bei der abzuändernden Entscheidung muss es sich – auch wenn vielfach von einer "Erst"entscheidung gesprochen wird – nicht um die erste Entscheidung über den Versorgungsausgleich handeln. Auch Abänderungsentscheidungen unterliegen ihrerseits der Abänderung.[11] Auch "Negativentscheidungen" sind abänderbar, also solche, in denen nach § 224 Abs. 3 FamFG festgestellt wurde, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Es ist allerdings nach Art des Ausschlusses zu unterscheiden. Wurde der Versorgungsausgleich ohne Ermittlung eines Wertunterschiedes bereits dem Grunde nach ausgeschlossen – z.B. bei Ausschluss wegen grober Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) ohne Abstellen auf die Höhe der jeweiligen Versorgungsanrechte, sowie bei einem Ausschluss wegen der Kürze der Ehezeit (§ 3 Abs. 3 VersAusglG), kommt eine Abänderung nicht in Betracht.[12] Änderungen nach Ende der Ehezeit, welche sich auf diese Art des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs auswirken, sind kaum vorstellbar. Wurde hingegen der Versorgungsausgleich nach § 18 VersAusglG ausgeschlossen wegen der Geringfügigkeit der Differenz der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art (§ 18 Abs. 1 VersAusglG) oder des Ausgleichswerts eines Anrechts (§ 18 Abs. 2 VersAusglG), ist also die Höhe der Anrechte Grund für den Ausschluss gewesen, so ist eine Änderung dieser Entscheidung möglich.[13] Begründet ist das Abänderungsverlangen, wenn der Grund entfallen ist, weswegen das Gericht den Ausgleich in der Erstentscheidung nicht durchgeführt hat – z.B. wenn aufgrund der Wertänderung der Ausgleichswert nunmehr die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet.[14]

Wurde der Versorgungsausgleich nicht aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung durchgeführt, sondern beruht er auf einer Vereinbarung der Beteiligten, ist § 227 Abs. 2 FamFG maßgeblich. Eine Abänderung ist möglich, wenn die Abänderung nicht ausgeschlossen wurde. Gemeint sind nur Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich bei Scheidung gemäß §§ 6 bis 8 VersAusglG, nicht solche über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.[15] Für "Altfälle", also für noch nach dem bis 31.8.2009 geltenden Recht getroffenen Vereinbarungen findet sich eine entsprechende Regelung nicht im Gesetz, es ist aber davon auszugehen, dass auch für solche Vereinbarungen § 227 FamFG heranzuziehen ist.[16]

[11] MüKo-FamFG/Stein, § 225 FamFG Rn 1.
[12] MüKo-FamFG/Stein, § 225 FamFG Rn 2.
[13] Keidel/Weber, FamFG, § 225 Rn 4; MüKo-FamFG/Stein, § 225 FamFG Rn 2; MüKo-BGB/Dörr, 6. Aufl. 2013, § 51 VersAusglG Rn 6 (für Verfahren nach § 51 VersAusglG).
[14] MüKo-FamFG/Stein, § 225 FamFG Rn 2.
[15] BeckOK/Hahne, Stand: 1.1.2014, § 227 FamFG Rn 3; Musielak/Borth/Borth/Grandel, 4. Aufl. 2013, § 227 FamFG Rn 10.
[16] BeckOK/Hahne, Stand: 1.1.2014, § 227 FamFG Rn 4; a.A. MüKo-FamFG/Stein, § 227 FamFG Rn 12; MüKo-BGB/Dörr, 6. Aufl. 2013, § 51 VersAusglG für Anwendbarkeit des § 51 VersAusglG.

2. Regelversorgung

Nach § 225 Abs. 1 FamFG ist eine Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich nur dann zulässig, wenn ein Recht im Sinne des § 32 VersAusglG betroffen ist, also eines der sogenannten Regelalterssysteme. Bei dem abzuändernden Anrecht muss es sich um eines aus der gesetzlichen Rentenversicherung handeln, der Beamtenversorgung oder einer anderen Versorgung, die zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 SGB VI führt, eine berufsständische oder eine andere Versorgung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB VI zu einer Befreiung von der Sozialversicherungspflicht führen kann, der Alterssicherung der Landwirte oder Anrechte aus den Versorgungssystemen der Abgeordneten und der Regierungsmitglieder im Bund und in den Ländern. Die Streitfrage, inwieweit diese Einschränkung verfassungsgemäß ist,[17] soll an dieser Stelle nicht problematisiert werden. Da die Gesetzesänderung Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, ist diese Voraussetzung unproblematisch erfüllt.

[17] Gerechtfertigt wird die Nicht-Erfassung z.B. privater Lebensversicherungen und der betrieblichen Altersversorgung damit, dass solche Anrechte auf Grundlage ihres Kapitalwerts zum Ehezeitende ausgeglichen werden und deswegen die Halbteilung allein zum Stichtag zu wahren ist ungeachtet möglicher späterer Entwicklungen, Saenger...

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