Aufgrund der veränderten Familienphasen[1] erfolgt die Erfüllung des Kinderwunsches häufig erst im vierten oder sogar fünften Lebensjahrzehnt. Da zu diesem Zeitpunkt die Fertilität bereits stark zurückgegangen ist, benötigen viele Paare die Hilfe der modernen Reproduktionsmedizin.[2] Ist der Mann unfruchtbar, kann der Kinderwunsch nur mittels einer Samenspende realisiert werden. Auch lesbische Paare, die ein Kind wünschen, sind auf anonyme Samenspenden oder eine Samenspende aus dem Bekanntenkreis, in vielen Fällen von befreundeten schwulen Männern, angewiesen. Unerheblich ist dabei, ob der Vorgang in corpore, d.h. durch Einbringung in den Genitaltrakt der Frau, oder in vitro, d.h. im Reagenzglas, vorgenommen wird. Der heterologen Befruchtung verwandt sind der geduldete Geschlechtsverkehr mit einem (unbekannten) Dritten, der zur Schwangerschaft führt, die verhinderte zulässige Abtreibung nach einem Geschlechtsverkehr mit einem Dritten und die Selbstvornahme der Befruchtung durch die betreffende Frau mit dem Sperma eines Spenders. Sämtliche Fälle ähneln der Kinderwunscherfüllung durch Annahme eines Kindes. Auf diesen Zusammenhang hat der BGH in einer ersten Entscheidung zur heterologen Insemination bereits hingewiesen.[3]

Das Gesetz behandelt die Probleme der heterologen Insemination im BGB nur in einer Vorschrift. Nach § 1600 Abs. 5 BGB können der Mann und die Mutter, die der künstlichen Befruchtung mittels Samenspende zugestimmt haben, die Vaterschaft des in die Fremdbefruchtung einwilligenden Mannes, der zweifelsohne wegen der Verwendung eines fremden Spermas nicht der biologische Vater des so gezeugten Kindes ist, nicht anfechten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Insemination durch einen Arzt oder auf andere Weise erfolgt.[4] Die (rechtlichen) Eltern haben ebenso wie bei einer "natürlichen" Zeugung gegenüber dem Kind die Verantwortung übernommen. Diese Verantwortungsübernahme ist Grund für den Ausschluss des Anfechtungsrechts.[5] Nach anderer Ansicht ist den Eltern die Anfechtung der Vaterschaft untersagt, da sie sich widersprüchlich verhalten würden. Demgegenüber hat das Kind ein Anfechtungsrecht, das spätestens mit dessen Volljährigkeit zur Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft führen kann. In einem zweiten Schritt kann es, wenn es den Namen des Samenspenders kennt, dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen lassen. Dieser ist dann auch rechtlicher Vater mit allen Rechten und Pflichten, insbesondere mit unterhalts- und erbrechtlichen Konsequenzen.[6]

[1] Vgl. Nave-Herz, Familie heute, 3. Aufl. 2007, S. 26 ff.
[2] Zum Begriff der künstlichen Befruchtung s. Bernat, MedR 1986, 245 Fn 1.
[3] BGH, Urt. v. 3.5.1995 – XII ZR 29/94, FamRZ 1995, 861; vgl. zu dem Fall einer unwirksamen Auslandsadoption BGH, Beschl. v. 10.5.1995 – XII ZA 2/95, FamRZ 1995, 995.
[4] OLG Hamm, Urt. v. 2.2.2007 – 9 UF 19/06, NJW 2007, 3733 (Sperma in Glas übergeben und mittels Spritze aus Kinderarztkoffer der Nichte selbst eingeführt).
[5] So Dethloff, in: Grziwotz (Hrsg.), Notarielle Gestaltung bei geänderten Familienstrukturen, 2012, S. 7, 21.
[6] S. nur Taupitz, ZRP 2011, 161 ff.

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