Traditionell wurden Familie, Ehe/Partnerschaft und Elternschaft für den Regelfall als Einheit gesehen.[5] Ehe und Elternschaft entwickeln sich freilich immer mehr auseinander und unterliegen dabei höchst unterschiedlichen Entwicklungsmustern/Entwicklungslogiken. Für die Ehe gilt seit langem "From Status to Contract",[6] sie wird vertraglich konstruiert, ihre Gestaltung den Partnern überlassen. Der Staat verzichtet auf Leitbilder. Kinder muss man nicht mehr haben und Kinder kommen – hier irrte Adenauer – nicht mehr von selbst. In dieser Entwicklung einer Entkoppelung von Ehe und Partnerschaft ist freilich auch schon der Keim zur Auflösung traditioneller Konzepte von Ehe angelegt: Wenn Ehe vertraglich weitgehend beliebig gestaltet werden kann und nicht mehr grundsätzlich auf Elternschaft ausgerichtet ist, dann bröckelt das teleologische Fundament des Eheschutzes des Grundgesetzes: Denn ohne Zusammenhang von Ehe und Elternschaft gibt es keinen Grund mehr, gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zur Ehe vorzuenthalten. Warum aber macht man dann den Zugang zu Ehe oder eingetragener Partnerschaft überhaupt davon abhängig, dass eine Geschlechtsgemeinschaft zwischen den Partnern zumindest nicht ausgeschlossen ist, und verwehrt ihn deshalb etwa Geschwistern, die im Alter füreinander sorgen wollen?[7] Warum erlauben wir keine eingetragenen Partnerschaften von mehr als zwei Personen? Was ist der Grund dafür, dass wir de lege lata intuitiv die Grenze ziehen zwischen potenziell auch die Geschlechtsgemeinschaft umfassende Partnerschaften von Paaren (also zwei Personen), für deren Beziehungen, mögen sie auch vertraglicher Art sein, familienrechtliche Kategorien gelten, und sonstigen Partnerschaften, für die das Gesellschaftsrecht zuständig ist? Welche Bedeutung kann die Geschlechtsgemeinschaft als juristischer Anknüpfungspunkt noch haben, wenn sie überhaupt nicht mehr grundsätzlich auf Elternschaft bezogen ist. Gibt gerade die Geschlechtsgemeinschaft der vertraglichen Bindung der Partner eine andere Dimension und Qualität, die sich von den vertraglichen Beziehungen der Partner einer Personengemeinschaft signifikant unterscheidet? Wäre es nicht konsequenter, das ganze Eherecht und seine Weiterungen dem (in vieler Hinsicht ohnehin partnerschaftlicheren[8]) Gesellschaftsrecht zu übergeben?

Elternschaft folgt juristisch völlig anderen Gesetzmäßigkeiten. Sie wird im Ausgangspunkt nicht vertraglich konstruiert, sondern statusorientiert[9] vom Staat geregelt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Ein Kind kann sich seine Eltern nicht aussuchen und ist viele Jahre lang existenziell von Versorgung und Fürsorge Erwachsener abhängig. Lassen sich Partner mehr oder weniger verantwortlich auf einen zur Zeugung geeigneten Akt ein, dann müssen sie unausweichlich bestimmte juristische Konsequenzen tragen.

[5] Dazu erhellend Auer, Eigentum, Familie, Erbrecht, Drei Lehrstücke zur Bedeutung der Rechtsphilosophie im Privatrecht, AcP 216 (2016), 237.
[6] Schwab, From Status to Contract? – Aspekte der Vertragsfreiheit im Familienrecht im Licht seiner Reformen, Sonderheft DNotZ 2001, 9.
[7] Zur Konzeption des französischen PACs Hoischen, Die Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Deutschland und Frankreich, 2016.
[8] Siehe nur BGH NZG 2014, 820 zur Sittenwidrigkeit von Abfindungsausschlüssen.
[9] Siehe dazu etwa die Beiträge in Lipp/Röthel/Windel (Hrsg.), Familienrechtlicher Status und Solidarität, 2008.

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