a) Die internationale Zuständigkeit deutscher Familiengerichte bestimmt sich nach den §§ 97 ff. FamFG. Soweit keine vorrangigen internationalen Vereinbarungen oder Rechtssetzungen der Europäischen Gemeinschaft vorliegen, gilt für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit das, was in den §§ 97 ff. FamFG geregelt worden ist. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 122 FamFG.

b) Im europäischen Rechtsraum ist jedoch vor der Anwendung der §§ 98 ff. FamFG die Verordnung Brüssel II a (auch Europäische Eheverordnung) zu beachten (Verordnung EG Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sowie zur Aufhebung der Verordnung EG Nr. 1347/2000).

Die Verordnung Brüssel II a löst die Verordnung Nr. 1347/2000 (sogenannte Eheverordnung) ab. Sie gilt gemäß Art. 60 im Verhältnis zwischen den Mitgliedsstaaten. Die in der Verordnung geregelten internationalen Zuständigkeiten sind ausschließlich. Die rügelose Einlassung führt daher nicht zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit.

Für die Bestimmung der örtlichen und internationalen Zuständigkeit ist auf die Vorschriften der Art. 3 ff. der Verordnung zurückzugreifen. Zuständig ist danach das Gericht des Mitgliedsstaates, in dessen Hoheitsgebiet

beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
im Fall eines gemeinsamen Antrages einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat oder
der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und entweder Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedsstaats ist oder im Fall des Vereinigten Königreichs oder Irland dort sein "domicile" hat.

Nach Art. 3b ist auch das Gericht zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen, sofern dort eine Zuständigkeit nach dem Recht des Mitgliedsstaates verfahrensrechtlich gewährt wird. Das ist in Deutschland der Fall. Zuständig ist bei Auslandsdeutschen gemäß § 122 Ziffer 6 das Amtsgericht Schöneberg in Berlin.

Zur Verdeutlichung der örtlichen Zuständigkeit nach der Verordnung Brüssel II a wird auf die nachstehenden Beispielsfälle verwiesen:

 
Praxis-Beispiel

1. Beispielsfall:

Ein mit einer Italienerin verheirateter Deutscher lebt in Italien. Das Ehescheidungsverfahren kann nicht in Deutschland eingeleitet werden. Zuständig ist nach Art. 3a 1. Alt. das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes beider Ehegatten. Die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes ergibt sich aus keiner der Alternativen des Art. 3, da beide Ehegatten noch in Italien leben. Auch § 122 Ziffer 6 FamFG begründet keine Zuständigkeit. Voraussetzung der Zuständigkeit nach dieser Vorschrift ist, dass eine übereinstimmende gemeinschaftliche Staatsangehörigkeit beider Ehegatten vorliegt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

 
Praxis-Beispiel

2. Beispielsfall:

Zieht der Ehegatte mit der deutschen Staatsangehörigkeit aus Beispielsfall 1. nach Deutschland zurück, weil sich die Beteiligten voneinander getrennt haben und wählt er nunmehr erneut seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland, kann in Deutschland das Scheidungsverfahren eingeleitet werden, sobald dieser Ehegatte mindestens 6 Monate in Deutschland gelebt hat. Dies ergibt sich aus Art. 3a, 6. Alt. Brüssel II a-Verordnung.

 
Praxis-Beispiel

3. Beispielsfall:

Sofern beide Angehörige (auch) die deutsche Staatsangehörigkeit haben, kann unabhängig von ihrem Aufenthaltsort das Verfahren in Berlin Schöneberg durchgeführt werden (Art. 3b Brüssel II a-Verordnung i.V.m. § 122 Ziff. 6 FamFG).

c) Wesentlicher Anknüpfungspunkt für die Begründung der Zuständigkeit ist der "gewöhnliche Aufenthaltsort". Er bestimmt sich nicht nach den jeweiligen nationalen Vorstellungen, sondern stattdessen nach einheitlichen Kriterien. Maßgeblich ist die Definition, die der EUGH in ständiger Rechtsprechung zum Wohnsitzstaat verwendet.[3] Nach der Rechtsprechung des EUGH ist der gewöhnliche Aufenthaltsort der Ort, den der Betroffene als ständigen und gewöhnlichen Lebensmittelpunkt in der Absicht gewählt hat, ihm Dauerhaftigkeit zu verleihen, wobei für die Feststellung des Wohnsitzes sämtliche hierfür wesentlichen tatsächlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Es gibt nur einen gewöhnlichen Aufenthaltsort.[4]

Auf die Staatsangehörigkeit kommt es nur noch hilfsweise an, und zwar dann, wenn es um übereinstimmende Staatsangehörigkeiten geht (Art. 3b Brüssel II a). Bei der übereinstimmenden Staatsangehörigkeit ist zu berücksichtigen, dass bei Doppelstaatlern gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die deutsche Staatsange...

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