1. Allgemeine Grundsätze

Der begleitete Umgang nach § 1684 Abs. 4 S. 3, 4 BGB ist die mit Abstand am häufigsten angeordnete Umgangseinschränkung. Seine erhebliche praktische Bedeutung ergibt sich vor allem daraus, dass ein Ausschluss von Umgangskontakten grundsätzlich nur in Betracht kommt, wenn die Kindeswohlgefährdung nicht durch mildere Mittel, insbesondere eben den begleiteten Umgang, abgewendet werden kann.[65]

Der begleitete Umgang stellt eine erhebliche Einschränkung des Umgangsrechts dar, so dass auch er nur zulässig ist, wenn bei unbegleiteten Umgangskontakten das Kindeswohl gefährdet wäre.[66] Hierbei ist auch zu berücksichtigen, ob mildere Mittel, wie z.B. Auflagen, in Betracht kommen.[67]

Gerade auch bei der Anordnung begleiteter Umgangskontakte muss das Familiengericht den Umgang konkret nach Tag, Uhrzeit, Ort und Häufigkeit festlegen und darf dies nicht einem Dritten, beispielsweise dem Begleiter, überlassen:[68]

Die Hauptanwendungsfälle des begleiteten Umgangs sind:

konkrete Entführungsgefahr,[69]
erheblicher Verdacht des sexuellen Missbrauchs,[70]
Gefahr der Misshandlung des Kindes,[71]
eingetretene Entfremdung,[72]
Suchterkrankungen des umgangsberechtigten Elternteils.[73]
[65] BVerfG FamRZ 2005, 1078.
[66] BVerfG FamRZ 2013, 531; BVerfG FamRZ 2008, 494; OLG Hamm FamRZ 2013, 708.
[67] Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearb. 2014, § 1684 Rn 310.
[68] OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1824 (LS); OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 1922; OLG Köln JAmt 2011, 166; vgl. Musterformulierung bei Di Cato, FamRB 2014, 389, 392, 393.
[69] OLG Celle FamRZ 1996, 364; OLG München FamRZ 1998, 976.
[70] OLG Celle FamRZ 1998, 971; OLG Frankfurt FamRZ 1995, 1432; OLG Hamm FamRZ 1993, 1233.
[71] OLG Oldenburg FamRZ 2005, 925.
[72] OLG Brandenburg FamRZ 2010, 740; OLG Hamm FamRZ 1996, 424; OLG Hamm FamRZ 1999, 326; KG FamRZ 2002, 412, 413; OLG Oldenburg FamRZ 2013, 49.
[73] OLG Frankfurt FamRB 2013, 319; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 716, OLG Koblenz FamRZ 2007, 926.

2. Ermittlung eines mitwirkungsbereiten Dritten

Schwierigkeiten bereitet in der Praxis die Bestimmung des mitwirkungsbereiten Dritten i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 3, 4 BGB.

Das Familiengericht muss in seiner Entscheidung von Amts wegen einen mitwirkungsbereiten Dritten bestimmen und sich auch davon überzeugen, dass dieser zur Verfügung steht.[74] Dieser Punkt darf vom Familiengericht nicht offen gelassen werden, da sonst eine verfahrensrechtlich unzulässige Teilentscheidung vorliegt, welche nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG in der Beschwerdeinstanz zur Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens führen kann.[75]

Ein Dritter kann nicht gegen seinen Willen zur Begleitung des Umgangs bestimmt werden.[76] Dies gilt trotz der Regelung des § 18 SGB VIII auch für das Jugendamt.[77] In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass das Jugendamt den Inhalt der familiengerichtlichen Umgangsregelung nicht nach eigenen Vorstellungen abändern darf.[78] In aller Regel stehen Verwandte für eine Begleitung nicht zur Verfügung und sind wegen der fehlenden besonderen Kenntnisse auch nicht geeignet.

Besonders schwierig wird die Situation, wenn das Jugendamt sich weigert, die vom Familiengericht für notwendig erachteten Kontakte selbst zu begleiten bzw. eine solche Begleitung (z.B. durch freie Träger) zu vermitteln.[79] Die Motive des Jugendamtes können unterschiedlicher Natur sein. Teilweise wird die Anordnung von Umgangskontakten im konkreten Fall abgelehnt, oftmals fehlen aber auch Kapazitäten bzw. Haushaltsmittel.

Als Lösung wäre zunächst denkbar, dass die Kindeseltern die Kosten selbst übernehmen.[80] Dies scheitert nach der Erfahrung des Verfassers meistens daran, dass diese finanziellen Mittel entweder nicht zur Verfügung stehen oder es an der Bereitschaft zum Einsatz der Mittel fehlt.[81]

Ersatzweise wird in der Praxis zum Teil eine Umgangspflegschaft angeordnet, die dann die Aufgabe der Umgangsbegleitung mit übernimmt.[82] Dieser Weg ist zwar pragmatisch, sieht sich aber erheblichen dogmatischen Bedenken ausgesetzt:[83] Denn die Anordnung einer Umgangspflegschaft setzt nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB eine erhebliche Verletzung der Loyalitätspflicht durch die Eltern voraus;[84] der begleitete Umgang hingegen soll eine ansonsten bestehende Kindeswohlgefährdung abwenden.[85] Zweifelhaft ist auch, ob der Umgangspfleger eine Vergütung für die Umgangsbegleitung verlangen kann.[86] Weiterhin führt eine solche Handhabung zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Kostenverlagerung auf den Justizfiskus.[87]

In Betracht kommt eine Umgangspflegschaft, die die Aufgabe der Umgangsbegleitung mit übernimmt, daher nur, wenn die Umgangspflegschaft erforderlich ist, um den Widerstand des betreuenden Elternteils gegen den begleiteten Umgang zu überwinden.[88] Denn nur in diesem Fall liegen die Voraussetzungen des § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB vor, so dass dann keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, den Umgangspfleger die Aufgabe der Umgangsbegleitung mit übernehmen zu lassen.

Da das Familiengericht keine Möglichkeit hat, die Mitwirkung des Jugendamtes am begleiteten Umgang anzuordnen, ist es zur ...

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