Klaus Schnitzler

Familiengerichte sind diejenigen Gerichte der I. Instanz, die die überwiegende Zahl der Verfahren in Ehescheidungs- und Familiensachen durchführen. Sie müssen die Grundlagenarbeit machen und das Massengeschäft erledigen. In vielen Fällen sind sie auch die einzige Instanz, die urteilt. Entscheidungen in Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht sind eher selten, nicht zuletzt wegen der nicht unerheblichen Kosten. Rechtsbeschwerden landen nur dann beim BGH, wenn das jeweilige Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zulässt – seit Langem ein ärgerlicher Zustand und die absolute Ausnahme.

Die Wahrnehmung dieser Realität findet sich in den Fachzeitschriften nicht wieder.

Wichtig ist, dass es auch Familienrichter/-innen gibt, die sich über ihren anstrengenden Richterberuf hinaus in der Literatur engagieren und schreiben. Forum Familienrecht hat deshalb, wenn irgend möglich, auch den Amtsrichtern/-innen eine Möglichkeit gegeben, zu Wort zu kommen, z.B. Direktorin des AG Bonn Niepmann, weiterer Aufsichtsführender Richter Dr. Viefhues (AG Oberhausen), Dr. Vogel (AG Berlin-Tiergarten), Dr. Schulz (AG München), Dr. van Els (AG Solingen) Ende 2014 verstorben, um nur einige zu nennen.

Die Fachzeitschriften sind im Wesentlichen geprägt von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und natürlich des BGH und des BVerfG. Mit so exotischen Themen wie Leihmutterschaft oder Sukzessivadoption haben sich Amtsgerichte im Regelfall nicht zu beschäftigen. Hier landen handfeste Unterhaltsverfahren und Zugewinnausgleichsverfahren sowie in vielen Fällen streitige Verfahren um Umgang und Sorgerecht, häufig im Zusammenhang mit einer Ehescheidung.

Das Fundament der Familiengerichtsbarkeit sind die Familiengerichte, nicht die Oberlandesgerichte.

Wer sind die Richter/-innen bei den Amtsgerichten, die Familiensachen bearbeiten? In das Amt kommt ein Richter, wenn das Präsidium des jeweiligen Amtsgerichts die entsprechende Entscheidung trifft. Es kann gut sein, dass jemand, der bisher nur Strafrecht oder Mietrecht behandelt hat, der familienrechtlichen Abteilung zugeordnet wird. Wenn der Richter/die Richterin nicht flexibel genug ist, sich ein anderes neues Rechtsgebiet zu erarbeiten, wird es schwierig für ihn/sie, aber auch für die Anwälte/Anwältinnen und die betroffenen Bürger.

Am einfachsten ist die Übertragung eines familienrechtlichen Dezernats für die Mitglieder des Präsidiums, wenn es um einen Proberichter geht, weil dieser keine Möglichkeit hat, dagegen zu remonstrieren.

Nach der geltenden Rechtslage kann ein Richter auf Probe bereits ein Jahr nach seiner Ernennung die Geschäfte des Familienrichters wahrnehmen. Diese Regelung sollte dringend durch den Bundestag korrigiert werden. Es ist wenig sinnvoll, wenn das Dezernat eines Familienrichters, das sehr schwierig ist, von einem Richter oder einer Richterin besetzt ist, der/die wenig Lebenserfahrung hat und zudem die Gefahr besteht, dass der Proberichter/die Proberichterin in wenigen Monaten wieder versetzt wird.

Die Präsidien können, wenn sie dies wollen, Richter/-innen auf Probe in familiengerichtlichen Dezernaten einsetzen, was aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll ist.

Inzwischen sind weitgehend Familienrichterinnen in der Überzahl, was grundsätzlich positiv zu werten ist. Allerdings ist es auch nicht ideal, wenn nur Familienrichterinnen ein Familiengericht stellen. Dies gilt genauso für die Familiensenate bei den Oberlandesgerichten. Ein reiner Frauenfamiliensenat ist ebenso wenig ideal wie ein Familiensenat nur aus Männern, was jedoch früher die Regel war.

Umso wichtiger ist es, die Auswahl der Familienrichter vernünftig durchzuführen.

Autor: Klaus Schnitzler

Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen

FF 4/2015, S. 133

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