Bei der Bildung des bereinigten Nettoeinkommens des Pflichtigen sind vorab die tatsächlich anfallenden Steuern abzuziehen. Der verheiratete Pflichtige darf sein Einkommen nicht durch die Wahl der ungünstigen Steuerklasse V reduzieren. Sein Einkommen ist dann durch einen Abschlag der tatsächlich geschuldeten Steuer entsprechend Steuerklasse IV zu korrigieren.[58] Seit 1.1.2010 hat er in diesen Fällen bei Doppelverdienern das sog. Faktorverfahren zu wählen.[59] Neben Krankenvorsorge sind auch tatsächlich erbrachte Aufwendungen für eine angemessene Altersvorsorge zu berücksichtigen, wobei Selbstständige und Nichtselbstständige – auch bei einem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze – eine Altersvorsorge von insgesamt 25 % des Bruttoeinkommens betreiben können.[60] Abzugsposten sind ferner vorrangige Unterhaltslasten, z.B. für Kinder und Ehegatte.[61] Titulierter Ehegattenunterhalt bei Getrenntlebenden/Geschiedenen ist in Höhe des Titels abzuziehen. Unterhaltsberechtigte Kinder des Pflichtigen sind entsprechend der DT mit dem Zahlbetrag anzusetzen.

[58] BGH FamRZ 2004, 443.
[59] FA-FamR/Gerhardt, Kap. 6, Rn 139, 147.
[60] BGH FamRZ 2004, 792; 2006, 1511; 2007, 793; 2010, 1535; 2013, 868 (Rn 17, 18); Weinreich, FuR 2013, 509, 511; FA-FamR/Gerhardt, Kap. 6, Rn 155, 158 – Achtung, die Richtlinien des OLG Frankfurt/M. 2014 sehen nur noch 24 % vor, da der Rentenversicherungsbeitrag nach wie vor nur bei 18,9 % liegt (dort Ziffer 10.1).
[61] BGH FamRZ 2004, 792; FA-FamR/Gerhardt, Kap.6, Rn 211.

a) Verbindlichkeiten

Bei der Prüfung der Berücksichtigungswürdigkeit von Verbindlichkeiten ist für die erforderliche Gesamtabwägung (Zweck der Verbindlichkeit, Zeitpunkt und Art der Entstehung der Schuld, Grund, Höhe und Kenntnis der Unterhaltsschuld) ein großzügiger Maßstab angebracht, insbesondere bei Schulden, die vor Kenntnis der Unterhaltspflicht aufgenommen wurden.[62] Schulden, die erst nach Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung begründet wurden, sind dagegen sorgfältig zu prüfen:[63] Wird ein neuer Pkw angeschafft, ohne dass es einen konkreten Anlass für die Neuanschaffung des Pkw gab, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Pflichtige auf ein Neufahrzeug angewiesen war; die Schulden sind daher nicht zu berücksichtigen, weil zu dieser Zeit bereits eine Inanspruchnahme wegen Elternunterhalt erfolgt war.[64] Aufwendungen, die für die Haltung eines Tieres entstehen, das nicht dem Zwecke der Einkommenserzielung dient, sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt grundsätzlich von dem dem Unterhaltsschuldner zu belassenden Selbstbehalt zu bestreiten.[65] Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung können auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht berücksichtigt werden.[66]

[62] Wendl/Wönne, § 2 Rn 930; FA-FamR/Gerhardt, Kap. 6, Rn 191 und 377.
[63] Brudermüller, NJW 2004, 633; OLG Hamm FamRZ 2013, 1146.
[64] OLG Hamm FamRZ 2013, 1146; bestätigt durch BGH – XII ZB 25/13 – über juris (Rn 44).
[65] OLG Hamm FamRZ 2013, 1146 (Rn 60); bestätigt BGH – XII ZB 25/13 – juris (Rn 45 bis 47).
[66] BGH FamRZ 2010, 1535; Reinken, NJW 2013, 2993, 2997.

b) Altersvorsorge (primäre und sekundäre)

Vermögensbildende Ausgaben sind, soweit sie der Altersvorsorge dienen, vorweg abzuziehen, weil sie den eigenen Unterhalt decken (z.B. Aufwendungen für das Familienheim) oder ihn im Alter sichern sollen[67] (z.B. eine Lebensversicherung, auch Kapitallebensversicherungen, Abzahlungen für eine vermietete Eigentumswohnung[68]). Anzuerkennen ist eine zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von 5 % des jeweiligen Bruttojahreseinkommens;[69] höhere Aufwendungen können allerdings nicht entgegenhalten werden. Das entspricht der Rechtsprechung des BGH, nach der einem Unterhaltspflichtigen die Möglichkeit eröffnet ist, zusätzliche Vorkehrungen für sein Alter zu treffen, damit er nicht seinerseits auf Unterhaltsansprüche oder staatliche Hilfe angewiesen ist.[70] Dem Unterhaltspflichtigen steht es frei, auf welche Art er die Vorsorge für das Alter trifft, solange sie nur geeignet sind, den Vorsorgezweck zu erreichen.[71] In thesaurierender Form angelegtes Kapitalvermögen ist dem Pflichtigen – neben der Gesamtaltersversorgung von 25 % (auch wenn der Rentenversicherungsbeitrag bei 18,9 % liegt zuzüglich 5 %)[72] – zu belassen.[73] Unter Berücksichtigung des Wohnwerts dürfen die Aufwendungen für die Immobilie und diejenigen für die sekundäre Altersvorsorge daher nicht den zulässigen Rahmen von 5 % des Vorjahresbruttoeinkommens übersteigen.[74] Die zusätzliche Altersvorsorge darf das unterhaltspflichtige Kind bis zum Beginn des allgemeinen Rentenalters betreiben (§§ 35, 235 SGB VI); auch bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben – ohne die Möglichkeit primärer Altersvorsorge – bleibt dem Unterhaltspflichtigen die Möglichkeit der zusätzlichen Altersvorsorge.[75]

Sonstige Vermögensbildung geht dagegen der Unterhaltsverpflichtung nicht vor.[76]

[67] BGH FamRZ 2010, 1535; vgl. auch Wendl/Gerhardt, § 1 Rn 1034, 1037.
[69] BGH FamRZ 2013, 1554 (Rn 18); 868 Rn 17 un...

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