Klaus Schnitzler

Bundesfinanzminister Schäuble hat vor einigen Tagen im Zusammenhang mit dem Bonn-Berlin-Gesetz deutlich gemacht, dass Gesetze in der heutigen Zeit nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Dies ist zweifellos richtig.

1. Betreuungssachen beim BGH in der Rechtsbeschwerde

Seit der FamFG-Reform ist der BGH als Rechtsbeschwerdegericht auch für Betreuungssachen zuständig. Vor dem 1.9.2009 waren die Oberlandesgerichte die dritte Instanz. Die Rechtsbeschwerde ist nunmehr allgemein zuzulassen unter den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG (grundsätzliche Bedeutung, Rechtsfortbildung bzw. Einheitlichkeit der Rechtsprechung). Wenn das Landgericht als zweite Instanz – insoweit abweichend von dem Instanzenzug in Familiensachen und sonstigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – die Rechtsbeschwerde zulässt, muss sich der BGH damit beschäftigen. Es ist aber nicht sinnvoll, dass sich der BGH mit der Höhe des dem Berufsbetreuer gem. §§ 4, 5 VBVG zu vergütenden Stundensatzes herumschlagen (FamRZ 2014, 119: Betreuervergütung eines Oberstleutnants der Reserve) oder – wie am 4.12.2013 – die Höhe der erstattungsfähigen Kopierkosten(!) eines Verfahrenspflegers bestimmen muss.

Darüber hinaus ist in bestimmten Betreuungssachen (Einrichtung oder Aufhebung einer Betreuung) sowie in Unterbringungssachen die Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung statthaft (§ 70 Abs. 3 FamFG). Zwar ist in diesen sensiblen Bereichen eine wirksame dritte Instanz unverzichtbar. Es muss aber nicht der BGH sein, der die Schlüssigkeit und Überzeugungskraft eines medizinischen Gutachtens in rechtlicher Hinsicht überprüft.

Der Bundestag hat seinerzeit die effektive Rechtskontrolle durch die Oberlandesgerichte in Betreuungs- und Unterbringungssachen aufgegeben, obwohl die Sachverständigen bei der Anhörung im Rechtsausschuss gegen diese Änderung votiert haben.

Inzwischen sind viele grundsätzliche Fragen durch den BGH geklärt.

Der XII. Senat des BGH hat Wichtigeres zu tun, als sich mit Vergütungsproblemen zu befassen oder die Voraussetzungen einer Betreuung oder Unterbringung zu überprüfen. Insofern sollte sinnvollerweise die alte Rechtslage wieder hergestellt werden, die vor dem 1.9.2009 bestanden hat.

2. Familienrichter auf Probe

In Zuge der Wiedervereinigung hat man durch das Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 1.4.1991 dem Richtermangel in den neuen Bundesländern dadurch begegnen wollen, dass man die alte Vorschrift abänderte, wonach ein Richter auf Probe die Geschäfte des Familienrichters nicht wahrnehmen darf.

Stattdessen wurde vorgesehen, dass ein Richter auf Probe im ersten Jahr nach seiner Ernennung die Geschäfte des Familienrichters nicht wahrnehmen darf.

Diese Regelung sollte dringend korrigiert werden. In den meisten Fällen ist gerade ein Proberichter nur kurze Zeit auf seinem Posten, heute Zivilkammer beim Landgericht, morgen Mietrichter, übermorgen Strafrichter und dann Familienrichter. Das Dezernat eines Familienrichters eignet sich jedoch nicht für eine Durchlaufstation, die bei einem Proberichter gerade der Normalfall ist. Das Familienrecht hat sich in den letzten Jahren zu einem extrem komplizierten Rechtsgebiet gewandelt, das erhebliche Einarbeitung notwendig macht, die von einem/r jungen Richter/in gar nicht geleistet werden kann.

Es ist deshalb sinnvoll, den Präsidien die Möglichkeit zu nehmen, junge Richter auf Probe mit Aufgaben in Familiengerichten zu betrauen. Diese Aufgabe ist erfahrenen Richtern, die auch über genügend Lebenserfahrung verfügen und die sich einarbeiten können und wollen, zu überlassen.

Die Lösung dieser Strukturprobleme in der Familiengerichtsbarkeit ist eine lohnende Aufgabe für den neuen Bundesjustizminister. Gesetzesänderungen sind sinnvoll.

Autor: Klaus Schnitzler

Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen

FF 4/2014, S. 133

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