Prima facie mag die Entscheidung des BGH vom 9.11.2016 keine wesentlich neuen Aspekte enthalten. Ihre Bedeutung liegt aber gerade darin, dass diese höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Begründung gefestigte Rechtsprechungsgrundsätze wiederholen und zudem ausdrücklich klarstellen muss, dass der das Kindschaftsrecht elementar bestimmende Begriff jener des Kindeswohls ist.

Nicht jeder Dissens zwischen Eltern zu bestimmten, das gemeinsame Kind betreffenden Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung erfordert eine Regelung der elterlichen Sorge in ihrer Gesamtheit. § 1628 BGB sieht vielmehr vor, dass, unter Aufrechterhaltung der gemeinsamen Sorge im Übrigen, einem Elternteil allein die Entscheidungsbefugnis zu einer bestimmten Streitfrage übertragen werden kann, wenn letztlich kein elterliches Einvernehmen zu erzielen ist. In der Praxis sind dies typischerweise Entscheidungen zu schulischen Angelegenheiten des Kindes, medizinischen Eingriffen oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Ob es sich um eine Angelegenheit von wesentlicher Bedeutung handelt, kann grundsätzlich unter Rückgriff auf die Definition in § 1687 Abs. 1 S. 3 BGB bewertet werden. Im Rahmen von § 1628 BGB wird aber die gerichtliche Entscheidung in der Form eingegrenzt, dass sie nicht an die Stelle der elterlichen Entscheidung zu der konkreten Frage treten darf. Die gerichtliche Entscheidungskompetenz erstreckt sich allein auf die Prüfung und Bewertung, welcher Elternteil im konkreten Sachverhalt am ehesten geeignet ist, eine am Kindeswohl orientiere Sachentscheidung zu treffen.

In der Begründung zur Neufassung von § 1628 BGB im Zuge des KindRG hat der Gesetzgeber allerdings auch hervorgehoben, dass der Entscheidungsmaßstab des § 1697a BGB im Zusammenhang mit § 1628 BGB nicht nur die Leitlinie dafür bildet, welchem Elternteil die Alleinentscheidungsbefugnis zu übertragen ist, sondern gleichermaßen auch für die Frage gilt, ob überhaupt die in Rede stehende Übertragung des erstrebten Teilbereichs der elterlichen Sorge vorzunehmen oder der Antrag abzuweisen ist, insbesondere weil die gewünschte Maßregel mit dem Kindeswohl nicht vereinbar ist.

Unabhängig davon, ob es um die Frage geht, ob überhaupt einem Antrag auf Übertragung eines Teilbereiches der elterlichen Sorge zu folgen und sodann bejahendenfalls, welcher Elternteil diese Entscheidungskompetenz erhalten soll, ist stets das Kindeswohl zentrales Postulat. An ihm allein hat sich nicht nur der elterliche Antrag sondern auch die gerichtliche Entscheidung zu orientieren.

In seiner Entscheidung vom 9.11.2016 hat der BGH nicht nur diese grundlegenden, sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergebenden Voraussetzungen und Prüfungsmaßstäbe des § 1628 BGB klarstellen, sondern in gleichem Maße – vor allem die betroffenen Elternteile – darauf hinweisen müssen, dass Zielsetzung eines kindschaftsrechtlichen Verfahrens nicht die Verwirklichung elterlicher Wünsche und Befindlichkeiten – insbesondere nach vollzogener Trennung – ist, sondern allein das Kind im Mittelpunkt jeglicher gerichtlicher – und zuvorderst auch elterlicher – Bewertung zu stehen hat. Hierzu hat der BGH im konkreten Sachverhalt deutliche Worte gefunden und die Eltern darauf verwiesen, dass sich allein durch ihre Trennung keinerlei Veränderung zu jenen Motiven ergab, die für sie bei der Namensgebung ihres Kindes offensichtlich noch bestimmend und selbstverständlich waren. Im Zuge der Trennung oder Scheidung der Eltern wird leider häufig die Namensänderung des Kindes als "Möglichkeit" entdeckt, um ungelöste Paarprobleme auszutragen. Entscheidungen wie jene des BGH vom 9.11.2016, mit entsprechend klarer Ansage, sind daher für die Praxis überaus hilfreiche Grundlagen, um unter dem Deckmantel des Kindeswohls, tatsächlich jedoch ausschließlich eigenbezogene Begehren des einen oder anderen Elternteils frühzeitig abwehren und damit die Kinder vor weiteren Belastungen aus sich ansonsten anschließenden gerichtlichen Verfahren schützen zu können.

Monika Clausius, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Saarbrücken

FF 2/2017, S. 67 - 71

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge