I. [1] In dem auf Anregung der Mutter vom 20.1.2023 eingeleiteten Umgangsverfahren 155A F 1049/23 schlossen die Eltern in Bezug auf ihren 10-jährigen Sohn M. im Termin am 26.1.2023 folgenden Umgangsvergleich:

[2] “1. Der Kindesvater ist berechtigt, am 5.2.2023 und an einem Tag des Wochenendes vom 11./12.2.2023 mit M. bis zu sechs Stunden zusammen zu sein. Der Umgang wird von Frau J. und Frau N. begleitet.

2. Ab der 8. Kalenderwoche ist der Kindesvater berechtigt und verpflichtet, mit M. in den geraden Kalenderwochen von Freitag nach der Schule bis Sonntag, 19 Uhr, zusammen zu sein. M. wird sonntags mit dem Kindesvater Abendbrot essen. In der Umgangszeit wird M. seine Hausaufgaben erledigen. Der Kindesvater holt M. von der Schule ab und bringt ihn in den Haushalt der Kindesmutter zurück.“

[3] Der Vergleich wurde laut Terminsvermerk vorgelesen und genehmigt.

[4] Im Anschluss wurde in den Terminsvermerk aufgenommen:

“Die Kindeseltern sind sich einig, dass der Kindesvater M. jeden Dienstag von 18.30 Uhr bis 19.30 Uhr anrufen kann.

Außerhalb dieser Zeit wird der Kindesvater M. nicht anrufen.

M. steht es frei, den Kindesvater jederzeit anzurufen.“

[5] Diese Vereinbarung wurde laut Terminsvermerk nicht vorgelesen und genehmigt.

[6] Am 26.1.2023 hat das Amtsgericht gemäß § 156 Abs. 2 FamFG folgenden Billigungsbeschluss erlassen:

[7] “Der Vergleich vom 26.1.2023 wird mit folgendem Inhalt gebilligt:

[…]

2. Ab der 08. Kalenderwoche ist der Kindesvater berechtigt und verpflichtet, mit M. in den geraden Kalenderwochen von Freitag nach der Schule bis Sonntag, 19 Uhr, zusammen zu sein. M. wird sonntags mit dem Kindesvater Abendbrot essen. In der Umgangszeit wird M. seine Hausaufgaben erledigen. Der Kindesvater holt M. von der Schule ab und bringt ihn in den Haushalt der Kindesmutter zurück.“

[8] Ferner enthält der Beschluss einen Hinweis auf die Vollstreckbarkeit nach § 89 Abs. 2 FamFG. Der Billigungsbeschluss ist den Eltern zugestellt worden.

[9] Mit Schriftsatz vom 17.2.2023 hat die Mutter mitgeteilt, der Vater habe den Sohn auch außerhalb der vereinbarten Zeiten angerufen und bis zu 46 Minuten mit diesem gesprochen, nämlich am Sonntag, den 5.2.2023, Samstag den 11.2.2023, Sonntag den 12.2.2023, Montag den 13.2.2023 und Freitag den 17.2.2023. Sie hat beantragt, gegen den Vater ein Ordnungsgeld zu verhängen, alternativ die Telefonregelung ausdrücklich in die gerichtliche Billigung mit aufzunehmen. Im Termin sei ausdrücklich thematisiert worden, dass der Vater sich außerhalb der vereinbarten Zeiten eines Umgangs zu enthalten habe und auch ein Telefonat oder WhatsApp-Kontakt Umgang darstelle.

[10] Das Amtsgericht hat mit Beschl. v. 11.4.2023 den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels und den Antrag auf Aufnahme der Telefonregelung in den gerichtlich gebilligten Vergleich zurückgewiesen. Die Regelung zu den Telefonkontakten sei nicht vollstreckbar, weil sie nicht in den Vergleich aufgenommen worden sei. Die Eltern seien im Anhörungstermin einig gewesen, dass die Telefonkontakte nicht in den Umgangsvergleich aufgenommen werden sollen. Eine nachträgliche Aufnahme in den gebilligten Vergleich sei nicht möglich, weil der Vater damit nicht einverstanden sei.

[11] Die Mutter hat gegen den Beschluss mit Schriftsatz vom 28.4.2023 sofortige Beschwerde eingelegt, soweit der Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Kammergerichts vom 12.2.2015 – 13 WF 203/14 (FamRZ 2015, 940) vorgetragen, dass ein Umgangsvergleich auch immer ein Gebot an den Umgangsberechtigten umfasse, sich außerhalb der vereinbarten Umgangszeiten eines Umgangs zu enthalten. Hiervon seien alle Formen der Kontaktaufnahme umfasst, auch die telefonische Kommunikation. Dies sei im Terminsvermerk auch noch einmal extra so festgehalten worden. Soweit in der Rechtsprechung zum Teil zwischen Umgängen und bloßen Kontaktaufnahmen differenziert werde, lasse sich in der Praxis eine vernünftige Abgrenzung nicht treffen. Bei einem Telefonat von 46 Minuten sei die Schwelle zum Umgang jedenfalls überschritten. Die mit großer Mühe und erheblichem zeitlichem Aufwand erarbeitete Umgangsvereinbarung werde entwertet, wenn die getroffenen Regelungen nicht vollstreckbar seien. Auch die Entscheidung des BGH vom 6.7.2016 – XII ZB 47/15 (FamRZ 2016, 1752) könne nicht herangezogen werden, denn dort sei es um ein kollusives Zusammenwirken der Eltern gegen eine Umgangsbestimmung gegangen, hier gehe es jedoch um die Grenzen einer zwischen den Eltern getroffenen Umgangsvereinbarung.

[12] Der Vater verteidigt die Entscheidung des Amtsgerichts. Er habe im Übrigen seinen Sohn nach dessen vergeblichen Anrufversuchen jeweils nur zurückgerufen.

II. [13] Die gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Mutter ist unbegründet.

[14] 1. Die im Terminsvermerk formlos nach dem förmlich protokollierten Umgangsvergleich aufgenommene und gerichtlich nicht gebilligte Vereinbarung der Eltern, wonach d...

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