Da der Versorgungsausgleich beim Scheidungsverfahren im Verfahrensverbund bearbeitet wird, haben Verzögerungen, insbesondere bei der Aufklärung und Ermittlung der bei den Ehegatten vorhandenen Anrechte, auch immer Einfluss auf die Dauer des Scheidungsverfahrens. Eine Abtrennung des Versorgungsausgleichs aus dem Verbund hat der Gesetzgeber durch die Vorschrift des § 140 Abs. 2 FamFG erleichtert. Dies dürfte in der Praxis der häufigste Fall einer Abtrennung aus dem Verbundverfahren sein.

Nach dieser Norm kann das Gericht die Folgesache Versorgungsausgleich abtrennen und die Ehescheidung vorab aussprechen, wenn

seit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ein Zeitraum von drei Monaten verstrichen ist,
beide Ehegatten die erforderlichen Mitwirkungshandlungen für den Versorgungsausgleich vorgenommen haben und
beide übereinstimmend die Abtrennung beantragen.

Dieser Antrag unterliegt gemäß § 114 Abs. 4 Nr. 4 FamFG nicht dem Anwaltszwang, kann also auch von einem nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner gestellt werden. Die Regelung führt gleichwohl nicht zur Einführung einer Disposition der Ehegatten über die Abtrennung, sondern steht unter weiteren gesetzlichen Voraussetzungen im Ermessen des Gerichts.[61]

Soweit der Scheidungsantrag verfrüht gestellt wurde, bleibt der vor Ablauf des ersten Jahres seit Eintritt des Getrenntlebens liegende Zeitraum außer Betracht (§ 140 Abs. 4 S. 1 FamFG), es sei denn, die Voraussetzungen für eine Härtescheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB liegen vor (§ 140 Abs. 4 S. 1 FamFG).

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Ehegatten die erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorgenommen haben. Diese Mitwirkungshandlungen regelt § 220 Abs. 3 FamFG. Danach kann das Gericht anordnen, dass die Ehegatten oder ihre Hinterbliebenen oder Erben gegenüber dem Versorgungsträger bestimmte, für die Feststellung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte erforderliche Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass alle erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und Beweismittel beizubringen sowie die für die Feststellung der einzubeziehenden Anrechte erforderlichen Anträge zu stellen und dabei die vorgesehenen Formulare zu verwenden sind.[62]

Die Dreimonatsfrist ermöglicht sodann die Einholung der erforderlichen Auskünfte im Versorgungsausgleich, insbesondere die Klärung des Versicherungskontos der Ehegatten, und erscheint angemessen, um vermeidbare Verfahrensverzögerungen nach Vornahme der Mitwirkungshandlungen durch die Ehegatten auszuschließen, zugleich aber eine der Bedeutung der Folgesache Versorgungsausgleich angemessene, sorgfältige Prüfung der Auskünfte durch das Gericht zu ermöglichen.[63] Dass etwa die Mitwirkungshandlungen erst kurz vor Ablauf der drei Monate vorgenommen worden sind, steht einer Abtrennung nicht entgegen.[64]

Der Gesetzgeber ging davon aus, dass insgesamt durch diese Regelung eine mögliche zu erwartende Verkürzung der Verfahrensdauer von Verbundverfahren auf über 70 % gegenüber der üblichen Verfahrensdauer von 10,7 Monaten erreicht werden könnte.[65] Dieses Ziel dürfte nicht erreicht worden sein, zumal in der Praxis Verfahrensverzögerungen überwiegend nicht durch die Folgesache Versorgungsausgleich verursacht werden.[66]

Teilweise wird als weitere – ungeschriebene – Voraussetzung verlangt, dass die Scheidungssache entscheidungsreif ist.[67]

 
Hinweis

Praxishinweis

Haben also beide Ehegatten im Versorgungsausgleich ihre "Hausaufgaben" gemacht, steht einer Abtrennung und damit einer vorzeitigen Scheidung verfahrensrechtlich nichts mehr im Wege.
Die beratenden Anwälte sollten frühzeitig einen entsprechenden Antrag stellen. Der Antrag ist nicht erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist zulässig, lediglich im Zeitpunkt der Abtrennungsentscheidung muss die Frist abgelaufen sein.
Die Zustimmung des anderen nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten reicht aus.
Da durch die Abtrennung des Versorgungsausgleichs die Scheidung sofort ausgesprochen werden kann, sind die rechtlichen Folgen der Rechtskraft zu bedenken und der Mandant ist ggf. darauf hinzuweisen (siehe unten).
[61] Bumiller/Harders/Schwamb, 11. Aufl. 2015, FamFG § 140 Rn 9.
[62] Bumiller/Harders/Schwamb, 11. Aufl. 2015, FamFG § 140 Rn 9.
[63] Keidel/Weber, 19. Aufl. 2017, § 140 FamFG, Rn 8 m.w.N.
[64] Zöller/Lorenz, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 140 FamFG, Rn 7.
[65] BT-Drucks 16/6308, 231.
[66] Markwardt, in: Johannsen/Henrich, Familienrecht, 6. Aufl. 2015, § 140 FamFG, Rn 8a.
[67] BeckOK FamFG/Nickel, 23. Ed. 1.7.2017, FamFG § 140 Rn 8; Prütting/Helms, § 140 FamFG, Rn 18.

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