Einleitung

Beim gesetzlichen Güterstand waren nach der bis zum 31.8.2009 geltenden Rechtslage (nur) drei Zeitpunkte für die Bewertung entscheidend. Dabei musste der Vermögensstatus jeweils auf beiden Seiten der Eheleute ermittelt werden. Zu berücksichtigen waren:

Das Anfangsvermögen,
das Endvermögen,
privilegierte Zuwendungen i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB.

Durch die Güterrechtsnovelle sind einerseits einschneidende Änderungen in der Beweislast beim Anfangsvermögen zu berücksichtigen. Andererseits ist der Zeitpunkt der Trennung hinzugekommen. Sofern der Güterstand zwischen dem Trennungszeitpunkt und dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (oder des vorzeitigen Zugewinnausgleichs) endet, gilt § 1375 Abs. 2 BGB. Damit hat die Gesetzesnovelle auch gravierende Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im gesetzlichen Güterstand.

I. Ausgangslage

Derjenige, der Zugewinn verlangt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine Ausgleichsforderung. Dieser im Zivilprozess allgemein geltende Grundsatz ist auch auf Verfahren anzuwenden, die den gesetzlichen Güterstand auseinandersetzen. Damit muss der Anspruchsteller drei Positionen im Rahmen der wechselseitigen Bilanzen nachweisen.

Das Endvermögen der Gegenseite,
das eigene Endvermögen,
das eigene Anfangsvermögen einschließlich privilegierter Zuwendungen.
Für das Anfangsvermögen des Gegners ist der Anspruchsteller hingegen nicht darlegungs- und beweispflichtig.[1]

Sofern Eheleute vor Beginn der Ehe einen Ehevertrag abschließen, vereinbaren sie im Zweifel einen abweichenden Güterstand und sei es nur in Form der modifizierten Zugewinngemeinschaft. Notarverträge, in denen das Anfangsvermögen aufgelistet wird, sind in der familienrechtlichen Praxis gänzlich unüblich. Im Zweifel stolpern die Beteiligten durch das Jawort beim Standesamt in den gesetzlichen Güterstand. Kraft Gesetzes wird dann vermutet, dass kein Anfangsvermögen vorhanden war (§ 1377 Abs. 3 BGB).[2] Folgende Konsequenzen ergeben sich damit für das Anfangs- und Endvermögen:

[1] Vgl. Klein, FuR 2009, 654; Reinken, FF 2008, 257; MüKo/Koch, 5. Aufl., § 1374 Rn 29.
[2] Zu Besonderheiten der Güterrechtsnovelle s. unten Ziffer II.

1. Anfangsvermögen

a) Allgemeines

aa) Ist streitig, ob überhaupt Vermögen vorhanden war, muss der Betreffende, der sich auf das Anfangsvermögen beruft, dieses nachweisen. Dies gilt sogar für die Frage, ob es sich bei der Zuwendung nicht um Einkünfte im Sinne des § 1374 Abs. 2 letzter Halbsatz BGB handelt.[3] Im Gegensatz zu Vermögenszuwendungen sind ja solche Leistungen zu den laufenden Einkünften nicht privilegiert. Für die rechtliche Abgrenzung, ob es sich um Einkünfte oder Vermögenszuwendungen handelt, kann auf die Grundsätze der jüngst ergangenen Entscheidung des BGH zurückgegriffen werden.[4]

bb) In manchen Fällen ist es zwar unstreitig, dass ein Ehepartner Anfangsvermögen z.B. in Form von Immobilienbesitz hatte. Streitig wird dann aber sehr oft, ob er auch das Fehlen von Verbindlichkeiten (z.B. bei einer Finanzierung) darlegen und nachweisen muss. Sofern der andere Partner substanziiert solche Verbindlichkeiten behauptet, muss der Ehegatte entsprechend der allgemeinen Beweislastregel sein eigenes lastenfreies Anfangsvermögen nachweisen.[5] Dies gilt vor allem dann, wenn im Grundbuch Eintragungen vorliegen. Im Zweifel ist von diesem Grundbuchstand auszugehen. Die Nicht(mehr-)valutierung ist von demjenigen zu beweisen, der sich auf das Anfangsvermögen beruft.[6]

cc) Schwierig wird die Beweislastverteilung, sofern eine Gemengelage zwischen Aktiva und Passiva auftritt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel (in Anlehnung an Brudermüller)[7]:

Ein Ehegatte behauptet, das Anfangsvermögen sei schuldenfrei gewesen und habe aus + 10.000 EUR (Pkw) bestanden. Der andere Ehegatte bestreitet, dass der Pkw überhaupt zu diesem Zeitpunkt vorhanden war; im Gegenteil hätten Schulden von 10.000 EUR existiert.

Bei dieser Kombination von Aktivvermögen und Verbindlichkeiten soll es "sachgerecht" sein, dass den Vermögensträger die Beweislast für das Aktivvermögen treffe. Dem anderen Ehepartner sei hingegen die Beweislast für die Schulden aufzubürden.[8] Die unterschiedliche Behandlung zu dem Fall mit der Nichtvalutierung (s. oben bb)) überzeugt nicht. Bei diesem wird von allen Autoren die Darlegungs- und Beweislast bei dem Ehepartner gesehen, der sich auf das Anfangsvermögen beruft. Warum dies bei dem Fall der unterschiedlichen Vermögensgegenstände anders sein soll, leuchtet nicht ein. Kann das Anfangsvermögen nicht geklärt werden, müssen die Fälle einheitlich behandelt werden. Die Beweislast trifft also denjenigen, der sich auf das Anfangsvermögen beruft. Im Zweifel ist es demnach mit 0 EUR anzusetzen.[9]

[3] Vgl. OLG Koblenz FuR 2006, 474; Palandt/Brudermüller, 73. Aufl., § 1374 BGB Rn 20.
[4] BGH NJW 2014, 294 = FamRB 2014, 41 sowie BGH FamRZ 1987, 910.
[5] OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 1106.
[6] Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 5. Aufl., Kap. 1, Rn 71.
[7] NJW 2010, 404.
[8] Zustimmend zu dieser Lösung Haußleiter/Sc...

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