1. Art. 8 EMRK gewährleistet ein Umgangs- und Auskunftsrecht des leiblichen Vaters hinsichtlich seines rechtlich abweichend zugeordneten Kindes aufgrund eines – auch künftigen – Familienlebens zwischen ihnen, jedenfalls aber aufgrund seines Privatlebens, selbst wenn er noch keine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind aufbauen konnte (gegen BVerfG, Beschl. v. 9.4.2003, FamRZ 2003, 816). Angesichts der Realitäten des familiären Lebens im 21. Jahrhundert kann ein solches Recht nicht generell mit der Begründung verneint werden, der bestehenden familiären Beziehung des Kindes zu seinen rechtlichen Eltern müsse der Vorrang gegenüber der auf Abstammung beruhenden Vaterschaft zukommen. Vielmehr ist eine Prüfung der besonderen Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei dem Kindeswohl entscheidende Bedeutung zukommt. Der Umgang und Auskunftserteilung anstrebende mutmaßlich leibliche Vater kann nicht auf die Durchführung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens verwiesen werden. Nicht nur bei der Kontrolle der Einschränkung oder des Ausschlusses des Umgangsrechts, sondern auch des Auskunftsrechts ist ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen (EuGHMR, Urt. v. 15.9.2011 – Beschw. Nr. 17080/07: Schneider./.Deutschland, FamRZ 2011, 1641 [Rixe], 1715 m. Anm. Helms, S. 1717).
  2. Gegen den Willen eines Elternteils kommt die Durchsetzung des Wechselmodells nicht in Betracht (OLG Dresden, Beschl. v. 29.7.2011 – 21 UF 354/11, FamRZ 2011, 1741 [LS]; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.3.2011 – 8 UF 189/10, FamRZ 2011, 1154 [LS] = FuR 2011, 415 [Soyka] m. Anm. Hornasch, FuR 2011, 593 = FamRB 2011, 305 [Luthin]).

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