Die zuvor dargestellte Entscheidung des saarländischen Oberlandesgerichts setzt sich mit mehreren für die praktische Tätigkeit äußerst relevanten Themenbereichen auseinander, wobei derzeit der Frage der Befristung und Herabsetzung eines Unterhaltsanspruches nach §1578b BGB die höchste Aufmerksamkeit zukommen dürfte.

In dem vorliegend zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hatte die Ehe der Parteien, aus der ein inzwischen volljähriger Sohn hervorgegangen war, rund 29 Jahre gedauert. Der Klägerin, die derzeit eine Teilzeitstelle (3/4) als Sekretärin wahrnimmt, oblag zu Beginn der Ehezeit die wirtschaftliche Absicherung der Familie, da der Beklagte, zwischenzeitlich Betriebsleiter bei einer GmbH, sich noch im Studium befand. Von der Eheschließung im Jahre 1974 bis zur Geburt des Kindes 1985 hatte die Klägerin Tätigkeiten in Chefsekretariaten sowie als Lehrerin an einer kaufmännischen Fachschule ausgeübt. Nach Beendigung des Studiums des Beklagten hatte die Klägerin nur noch befristete Arbeitsverhältnisse wahrgenommen, insbesondere auch im Zusammenhang mit wiederholten örtlichen Veränderungen im Zuge der nunmehrigen Berufstätigkeit des Beklagten. Ab der Geburt des gemeinsamen Sohnes schloss sich zunächst eine Berufsunterbrechung bei der Klägerin für rund acht Jahre an. Die ab dem Jahre 1993 wieder aufgenommene durchgängige Erwerbstätigkeit richtete sich aber bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf untervollschichtige Arbeitsverhältnisse, wobei zudem bei der Klägerin seit 1988 eine depressive Symptombildung diagnostiziert und dokumentiert wurde, so dass auch aktuell durch Sachverständigengutachten eine nur eingeschränkte Erwerbsfähigkeit bestätigt wurde.

Im Einklang mit der Rspr. des BGH[1] hat das saarländische OLG in der Entscheidung herausgestellt, dass die lange Ehedauer von 29 Jahren für sich allein einer Befristung und/oder Herabsetzung des Unterhaltes nicht entgegensteht. Hervorgehoben hat der Senat vielmehr die der Klägerin um der Ehe willen in ihrem beruflichen Fortkommen entstandenen Nachteile, vor allem folgend aus der Tatsache, dass sie von zunächst qualifizierten Tätigkeiten auf befristete Arbeitsverhältnisse zurückgestuft wurde und einer kontinuierlichen beruflichen Weiterentwicklung sowohl die örtlichen Veränderungen im Rahmen der Berufstätigkeit des Beklagten als auch die Erziehung des gemeinsamen Sohnes entgegenstanden. In die nach § 1578b BGB vorzunehmende Billigkeitsabwägung einbezogen hat der Senat gleichermaßen allerdings auch die Leistungen der Klägerin, die sie in Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht hat und hier vor allem die wirtschaftliche Absicherung der Familie während der Berufsausbildung des Beklagten.

Bei vergleichender Bewertung der aktuellen Entscheidung mit einem Urteil des saarländischen Oberlandesgerichts vom 9.4.2008 (vgl. Anmerkung FF 2008, 209 ff.) ist auch in dem nun vorliegenden Urteil die konsequente Umsetzung der gesetzgeberischen Intention im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB herauszustellen. Im Einklang mit der Rspr. des BGH wird zwar die lange Ehedauer als ein zu beachtendes Kriterium bei der individuellen Billigkeitsabwägung gesehen, aber eben nur als eines von mehreren Kriterien. Folgerichtig kann daher in jenen Fällen, in denen im Übrigen dem Unterhaltsberechtigten in seiner beruflichen Fortentwicklung aus der Ehe keine echten Nachteile entstanden sind, wie etwa in dem der Entscheidung vom 9.4.2008 zugrunde liegenden Sachverhalt, allein die Ehedauer der Befristung oder Begrenzung nicht entgegen gehalten werden, selbst wenn die Ehedauer rund 30 Jahre beträgt. Die durchgeführte individuelle Billigkeitsabwägung in der Entscheidung vom 28.8.2008, endend mit einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Klägerin, führt im Ergebnis nicht nur zur Kompensation "ehebedingter Nachteile", sondern ist gleichzeitig auch Ausdruck der fortwirkenden nachehelichen Solidarität, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers parallel zu dem Grundsatz der Eigenverantwortung wertend zu beachten ist.[2]

Mitgeteilt und kommentiert von Monika Clausius, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Saarbrücken

[2] BT-Drucks 16/1830, S. 32; Dose, FamRZ 2007, 1289-1298.

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