GNotKG § 19 Abs. 2 Nr. 1 Abs. 4 § 29 Nr. 1, 2, 127 Abs. 1 S. 2, KV GNotKG Nr. 21302 Nr. 21100 Vorbemerkung 2.1.3 KV GNotKG Abs. 1, 2
Leitsatz
1. Die Anrechnung einer Entwurfsgebühr gem. Nr. 21302 KV GNotKG auf die Gebühr für das Beurkundungsverfahren gem. Nr. 21100 KV GNotKG findet statt, wenn der Notar demnächst nach der vorzeitigen Beendigung des Beurkundungsverfahrens auf der Grundlage der von ihm bereits erbrachten Tätigkeit, hier auf der Grundlage des ersten gefertigten Entwurfs, erneut ein Beurkundungsverfahren durchführt.
2. Dass der Notar, der den Entwurf gefertigt hat, und der Notar, der die Beurkundung vornehmen wird, personenverschieden sind, ist für die Anrechnung unerheblich, wenn der zweite Notar nicht nur Amtsnachfolger, sondern auch Aktenverwahrer des ersten Notars ist.
3. Die Anrechnung der Entwurfsgebühr setzt keine vollständige inhaltliche Identität des Beurkundungsgegenstandes voraus. Sieht der Entwurf deutlich getrennt einen Ehevertrag und einen Übertragungsvertrag an einem Grundstück vor, während der neue Entwurf nur noch die Übertragung des Miteigentums an dem Grundstück zum Gegenstand hat, so handelt es nicht um ein Aliud zum ersten Entwurf.
4. Wann eine Beurkundung "demnächst" stattfinden soll, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei vor allem das abzuschließende Geschäft und die Person des Auftraggebers von Bedeutung sind. (red. LS)
OLG Köln, Beschl. v. 7.6.2022 – 2 Wx 103/22 und 2 Wx 119/22 (LG Bonn)
Aus den Gründen
Gründe: I. [1] Die Beteiligten zu 1) und 2) waren verheiratet, haben zwei gemeinsame minderjährige Kinder und leben seit Anfang 2019 getrennt.
[2] Der Beteiligte zu 3) war ursprünglich mit der Beurkundung eines Ehevertrages und Übertragungsvertrages beauftragt. Er übersandte letztmalig am 2.11.2020 einen auf den 12.10.2020 datierten überarbeiteten Entwurf eines Ehevertrages und Übertragungsvertrages. Dieser Entwurf bestand aus einem familienrechtlichen Teil A, in dem die Beteiligten zu 1) und 2) den Güterstand der Gütertrennung vereinbaren und den Versorgungsausgleich ausschließen. Teil B des Vertrages enthielt einen Übertragungsvertrag. Gegenstand der Übertragung war der ½-Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 1) und 2) an der Immobilie ##.
[3] Mit Schreiben vom 16.3.2021 übersandte der Beteiligte zu 3) eine Kostenrechnung über die Fertigung des Entwurfs eines Ehevertrages nebst Scheidungsfolgenvereinbarung über einen Betrag von 1.541,94 EUR an den Beteiligten zu 2) und wies ihn darauf hin, dass, sofern der Vertrag in nächster Zeit noch beurkundet werde, die Entwurfsgebühren auf die Beurkundungsgebühren angerechnet würden. Der Beteiligte zu 2) lehnte die Begleichung der Rechnung unter Hinweis darauf, er sei nicht Auftraggeber, ab.
[4] Diese Rechnung übersandte der Beteiligte zu 3) daher am 28.4.2021 auch der Beteiligten zu 1). Er wies sie darauf hin, dass, sofern der Vertrag in nächster Zeit noch beurkundet werde, die Entwurfsgebühren auf die Beurkundungsgebühren angerechnet würden. Die Beteiligte zu 1) beglich die Rechnung daraufhin.
[5] In der Sitzung vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Euskirchen vom 15.6.2021 schlossen die Beteiligten zu 1) und 2) einen Ehescheidungsfolgenvergleich.
[6] Ziffer 2 des Vergleichs lautet:
Zitat
Die Beteiligten sind hälftige Miteigentümer der von dem Antragsgegner bewohnten Immobilie ##. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der hälftige Miteigentumsanteil der Antragstellerin an der Immobilie auf den Antragsgegner übertragen werden soll. Die Beurkundung der Übertragung des Miteigentumsanteils veranlassen die Beteiligten vor dem Notariat ##. Die Beteiligten sind sich weiter einig darüber, dass der Antragsgegner als Wertausgleich für die Übertragung des Miteigentumsanteils an die Antragstellerin einen Betrag von 95.000,00 EUR zahlt.
Die Beurkundung der Übertragung bei dem Notariat ## erfolgt binnen 1 Monats nach gerichtlicher Beurkundung der vorliegenden Vereinbarung.
[7] Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vergleichs wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15.6.2021 Bezug genommen.
[8] Mit Schreiben vom 17.6.2021 übersandte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) dem Beteiligten zu 3) eine Abschrift des geschlossenen Vergleichs und wies darauf hin, dass der zu beurkundende Vertrag ausschließlich die Übertragung des ½-Anteils beinhalten solle und keine Regelung des Ehevertrages. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung sei demzufolge nicht mehr notwendig. Der Versorgungsausgleich sei vom Gericht durchgeführt worden.
[9] Mit der streitgegenständlichen Kostenrechnung vom 28.6.2021 hat der Beteiligte zu 3) einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.010,73 EUR für "die Fertigung des Entwurfs eines Übertragungsvertrages" verlangt.
[10] Mit Schreiben vom 8.7.2021 teilte der Beteiligte zu 3) der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) auf Nachfrage mit, dass nach Rücksprache mit der Kostenrevision beim Landgericht Bonn zwischen dem Entwurf der Scheidungsfolgenvereinbarung und dem Entwurf des nunmehr zu beurkundenden Übertragungsvertrages keine Deckung...