Die Entwicklung beim Getrenntlebensunterhalt ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Dauer der Lebensgemeinschaft (früher regelmäßig mindestens 2–3 Jahre) nicht mehr maßgeblich ist. Nicht nur Amtsgerichte, sondern auch Oberlandesgerichte haben sich inzwischen zu eigen gemacht, dass schon nach einem Jahr die Möglichkeit besteht, je nach Einzelfall, auch zu einem Ausschluss des Unterhaltsanspruchs zu kommen.

Klar ist jedoch auch, dass das Trennungsjahr grundsätzlich nicht unterschritten wird.

Interessant ist in dem Zusammenhang die Entscheidung des OLG Oldenburg.[29] Der Leitsatz lautet:

Zitat

"Aus der Gesamtschau der objektiven Umstände in der Entwicklung der Beziehung zwischen einer getrenntlebenden Ehefrau und ihrem neuen Lebensgefährten, die auch durch das Auftreten als Paar bereits eine Eheähnlichkeit hatte, kann eine verfestigte Lebensgemeinschaft auch vor Ablauf von zwei Jahren mit dem Einzug in die Wohnung des Lebensgefährten anzunehmen sein."

Ähnlich die Entscheidung des OLG Hamm[30] bei Ehebruch der Ehefrau während der Abwesenheit des Mannes (berufsbedingt als Fernfahrer):

Zitat

"Die Ehefeindlichkeit dieses Verhaltens wird unterstrichen, wenn die Ehefrau die neue Beziehung zunächst so lange wie möglich geheim hält und nach Aufdecken durch den Ehemann offen fortsetzt."

Das Kammergericht hat sich in einer neueren Entscheidung[31] insbesondere mit der Offenbarung privater Umstände in sozialen Medien (Facebook etc.) und der Mitteilung der Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter beschäftigt. Die Leitsätze lauten wie folgt:

Zitat

"1. Wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte und eine andere Person sich" gegenüber dem Jobcenter als Bedarfsgemeinschaft bezeichnen, kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass der unterhaltberechtigte Ehegatte und die andere Person eine Lebensgemeinschaft bilden.

2. In Bezug auf die Frage, ab wann der unterhaltsberechtigte Ehegatte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, die einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten als grob unbillig erscheinen lässt, kommt es weniger auf die zeitliche Dauer der Lebensgemeinschaft an, sondern entscheidend ist, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich mit der Eingehung einer neuen Lebensgemeinschaft endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt.

3. Im Rahmen des § 1579 BGB trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast sich zu dem schlüssigen Vortrag des Unterhaltsverpflichteten näher zu äußern und diesen substantiiert zu bestreiten.“

Zur Herabsetzung des Trennungsunterhalts wegen Aufnahme einer gleichgeschlechtlichen Beziehung hat das OLG Brandenburg[32] entschieden:

Ehefrau lässt Ehemann mit fünf Kindern zurück, weil sie eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu einer Frau aufnimmt und fortsetzt.

In diesem Fall ist von einer einseitigen Abkehr von den ehelichen Bindungen auszugehen. Hier ist die Herabsetzung des Trennungsunterhalts über § 1579 Nr. 7 BGB, also einseitiges Fehlverhalten, erfolgt.

Insbesondere ein Fehlverhalten der Unterhaltsberechtigten führt natürlich auch im Trennungsbereich schon zu einem Verwirkungstatbestand, z.B.

vorsätzliches Unterschieben eines nicht von dem Ehemann stammenden Kindes, also versuchter Prozessbetrug (§ 1579 Nr. 3 und 7 BGB);[33]
unberechtigte Strafanzeigen des Unterhaltsberechtigten wegen sexuellen Missbrauchs der eigenen gemeinsamen Kinder;[34]
Verschweigen von Einkünften.[35]
[29] OLG Oldenburg v. 16.11.2016, NZFam 2017, 74 = FamRZ 2017, 799 (LS) = NJW 2017, 963 = FF 2017, 213 ff.
[30] Vgl. OLG Hamm FF 2011, 505 m. Anm. Schnitzler = FamRZ 2012, 642 = NJW 2011, 3379.
[31] KG v. 28.4.2016, FamRZ 2017, 203 = FF 2016, 502 m. Anm. Schnitzler.
[33] OLG Hamm NZFam 2015, 965 = FamRZ 2017, 724 ff.
[34] OLG Schleswig FamRZ 2013, 1132 = BeckRS 2013, 02590.
[35] Müko-BGB/Weber-Monecke, 7. Aufl. 2017, § 1361 Rn 71; OLG Oldenburg FF 2018, 321 (Anm. Schnitzler).

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