Eltern, deren Kinder in einem Pflegeverhältnis (Vollzeitpflege als zeitlich befristete oder Dauerpflege nach § 33 SGB VIII oder Heimerziehung gemäß § 34 SGB VIII) leben, bleiben weiterhin umgangsberechtigt.[44] Da auch diese Eltern hinsichtlich ihrer fremduntergebrachten Kinder grundsätzlich eine Rückführungsperspektive haben,[45] muss der Umgang der Eltern mit den Kindern aufrechterhalten bleiben. Die Umgangskontakte müssen sogar stufenweise ausgedehnt werden, wenn eine in Aussicht genommene Rückführung besteht.[46] Das BVerfG[47] hat deshalb entschieden, dass die Pflegeeltern dem Wohl der bei ihnen untergebrachten Kinder verpflichtet sind und ihren Kontakt zu den leiblichen Eltern nach besten Kräften zu unterstützen haben. Nur dadurch kann sich "eine bessere Lebensqualität für das Kind mit einer Erhöhung der Akzeptanz der neuen Lebenssituation entwickeln."[48]

Ein Ausschluss des Umgangsrechts kommt hinsichtlich des Umgangs mit einem befristet oder dauerhaft in einer Pflegefamilie lebenden Kind allerdings dann in Betracht, wenn zum Schutz des Kindes im Einzelfall derartige Maßnahmen erforderlich sind.[49] Bestehen Loyalitätskonflikte des Pflegekindes oder sogar Machtkämpfe zwischen Pflegeeltern und der Herkunftsfamilie muss das Pflegekind zu seinem Wohl hier herausgehalten werden. Bei der Regelung des Umgangs der Eltern mit dem Pflegekind ist dessen erhöhtem Bedürfnis an einer Stabilisierung seiner Lebenssituation Rechnung zu tragen.[50] Nach OLG Hamm[51] kann sogar ein zeitlich befristeter Ausschluss des Umgangs der leiblichen Eltern mit ihrem bei Pflegeeltern lebenden Kind angezeigt sein, um die Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung des Kindes zu seinen Pflegeeltern nicht zu gefährden. Diese Situation wird aber nur in besonderen Sachlagen vorliegen, etwa bei hoch traumatisierten Kindern,[52] damit sie sich in die Pflegefamilie eingewöhnen können. Wird aus Gründen des Kindeswohls der Umgang des Pflegekindes zu seinen Eltern letztlich ausgeschlossen, so beeinflusst "der Umgangsausschluss die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Eltern und ihrem in einer Pflegefamilie lebenden Kind insofern, als sie tendenziell zu einer weiteren Verfestigung der bereits bestehenden Trennung oder zumindest zu einer Erschwerung der Rückkehr des Kindes zu den Eltern beiträgt."[53] Da sowohl die Vollzeitpflege als auch die Heimerziehung eine zeitlich befristete oder eine auf Dauer angelegte Erziehungshilfe sein kann, ist es nicht stets gerechtfertigt, von "institutionell auf Zeit angelegten Pflegeverhältnissen"[54] zu sprechen. Im Einzelfall kann eine Rückkehroption bestehen; sie kann aber auch ausgeschlossen[55] sein. Hier besteht also eine Gleichwertigkeit der Optionen "vorübergehend" oder "auf Dauer".[56] Das ergibt sich bereits aus den Vorschriften der §§ 33 S. 1, 34 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3, 37 Abs. 1 S. 4 SGB VIII.

Die Rückkehroption entfällt, wenn die Herkunftsfamilie nicht in der Lage ist, die Bedürfnisse des Kindes hinreichend zu erkennen. Da nach Balloff[57] "in etwa der Hälfte der Fälle die Unterbringung des Kindes in eine Pflegefamilie anlässlich einer Kindeswohlgefährdung erfolgt, müssen im Fall einer zu verantwortenden Rückkehr des Kindes die leiblichen Eltern dahingehend noch einmal überprüft werden, ob sie jetzt erziehungsfähig sind und bei ihnen eine Kindeswohlgefährdung nicht mehr zu erwarten ist.“ Um eine derartige Prognose abgeben zu können, hat Balloff fünf Kriterien entwickelt, die vorliegen müssen, um eine Rückkehr des Kindes aus der Pflegefamilie in die Herkunftsfamilie überhaupt bejahen zu können. Es handelt sich hierbei um die Problemeinsicht, die Problemakzeptanz, die Problemkongruenz, die Hilfeakzeptanz und um die Veränderungsakzeptanz. Fehlt auch nur ein Prognosekriterium, kommt eine Rückkehr des Kindes von der Pflegefamilie in die Herkunftsfamilie nicht in Betracht."

Liegen hingegen die fünf Prognosekriterien vor, ist anschließend ferner zu prüfen, in welchen Zeiträumen die Rückkehr des Kindes aus der Pflegfamilie in die Herkunftsfamilie zu erfolgen hat. Hierbei hat das Bundesverfassungsgericht[58] die Ansicht des OLG Köln verworfen, das für die Rückkehr des Kindes aus der Pflegefamilie in die Herkunftsfamilie eine Befristung von sechs Wochen vorgesehen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat die Mahnung ausgesprochen, "das betroffene Kind nicht zu abrupt und ohne einen Aufbau von Beziehungen zu seinen Eltern von den Pflegeltern zu trennen“. Das Kind benötigt stets Kontinuität, Stabilität und Zuverlässigkeit, wozu auch die Gewissheit gehört, dass es dort zu Hause ist, wo es sich augenblicklich aufhält, wie es das OLG Koblenz[59] formuliert hat. Die Eltern müssen bei fehlender Rückkehroption den Lebensmittelpunkt in der Fremdunterbringung akzeptieren.[60] Beeinflussen sie das Kind negativ gegen die Fremdunterbringung, stellen sie die primäre Bindung des Kindes zu den Pflegeeltern permanent infrage und destabilisieren sie das Kind psychisch ständig, dann müssen die Eltern damit rechnen, da...

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