Bei sexuellen Missbrauchsfällen ist danach zu unterscheiden, ob der sexuelle Missbrauch nachgewiesen ist oder ob hierzu lediglich ein Verdacht besteht.

Ein nachgewiesener Missbrauch durch den nicht betreuenden Elternteil rechtfertigt regelmäßig den Ausschluss des Umgangsrechts.[24] Denn er stellt eine nachhaltige Gefährdung des Kindeswohls dar. So hat das OLG Hamm[25] zutreffend seinem Beschluss vom 4.4.2011 den Leitsatz vorangestellt, dass kein Umgangsrecht für einen Vater besteht, wenn dieser sich anlässlich eines begleiteten Umgangs gegenüber seinem damals 8-jährigen Sohn zwar objektiv sexuell übergriffig verhalten hat, sich aber darauf beruft, dass ein solches Verhalten in seinem Herkunftsland üblich sei und es für ihn auch keinen sexuellen Hintergrund gehabt habe.

Ein sexualisiertes Verhalten des Kindes ergibt allerdings keinen Hinweis auf einen stattgefundenen sexuellen Missbrauch.[26]

Hingegen ist der bloße Verdacht des sexuellen Missbrauchs für einen Ausschluss des Umgangsrechts allein nicht ausreichend.[27] Ein solcher widerspräche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Besteht allerdings ein intensiver Tatverdacht, muss das Familiengericht im Einzelfall die möglichen Gefahren für das Kindeswohl prüfen und abwägen. Entscheidend ist mithin allein der Grad der Gewissheit, ob ein sexueller Missbrauch tatsächlich stattgefunden hat. Lassen sich gesicherte Anzeichen für einen Missbrauch durch die gebotenen gerichtlichen Ermittlungen nicht feststellen, scheidet ein Ausschluss des Umgangsrechts aufgrund eines verbleibenden bloßen Verdachts aus.[28] Allerdings ist ein unsubstanziiert geäußerter Verdacht eines sexuellen Kindesmissbrauchs regelmäßig nicht geeignet, das bestehende Umgangsrecht des verdächtigen Elternteils auszuschließen.[29] Andernfalls hätte es ein Elternteil immer auf recht einfache Weise in der Hand, den anderen Elternteil vom Kontakt mit seinem Kind auszuschließen. Deshalb müssen die Befürchtungen der Mutter im Rahmen des Umgangsrechts, es könne zu sexuellen Übergriffen des Vaters kommen bzw. gekommen sein, gegenüber dessen Interesse an einem Kontakt zu seinen Kindern zurückstehen, wenn ein solcher Kontakt seit fast zwei Jahren nicht mehr besteht, ein Sachverständiger einen sexuellen Missbrauch in der Vergangenheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließt und die Kinder den eindeutigen Wunsch nach Kontakt zum Vater haben.[30]

[24] AG Kerpen FamRZ 1998, 254; Niepmann, MDR 1998, 1256, 1259; Schmid, FamRB 2014, 267, 268.
[25] FamRZ 2011, 1802 (LS).
[26] OLG Bremen FamRZ 2003, 54, 55.
[27] OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 435 = JAmt 2001, 606.
[29] OLG Brandenburg ZfJ 2002, 74 = JAmt 2001, 604.
[30] OLG Hamm FamRZ 1998, 256 = NJW-RR 1998, 5.

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