Einführung

Die ungestörte Entwicklung von Kindern ist ein besonders hohes Gut. Sexualisierte Gewalt kann Kinder für ihr gesamtes Leben traumatisieren. Die Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist deshalb eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit und zentrale Aufgabe des Staates.

Im Zuge des technischen Wandels hat sich die Art der gegen Kinder gerichteten Straftaten verändert. Durch soziale Netzwerke und die Chatfunktionen von Onlinespielen besteht leichter denn je die Möglichkeit, aus sexuellen Motiven heraus Kontakt zu Minderjährigen herzustellen. Das Internet, insbesondere das Darknet, bietet viel Raum, um anderen kinderpornographische Inhalte zur Verfügung zu stellen oder auf diese Inhalte zuzugreifen. Durch die neuen technischen Möglichkeiten hat sich aber das Gefährdungspotential für Kinder nicht bloß in der virtuellen, sondern auch in der realen Welt erhöht. Denn der Verbreitung und dem Konsum von Kinderpornographie liegt häufig reale sexualisierte Gewalt gegen Kinder zugrunde.

Die Zahlen bekanntgewordener Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Verbreitung, des Besitzes und der Besitzverschaffung von Kinderpornographie sind deutlich gestiegen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die einschlägigen Straftatbestände zu ändern, damit sie ihre Schutzfunktion für Kinder besser entfalten können. Dafür bedarf es unter anderem einer deutlichen Verschärfung der Strafrahmen. Zugleich sind Maßnahmen notwendig, um eine effektivere Strafverfolgung zu erreichen. Die Anstrengungen dürfen sich aber nicht auf das Straf- und Strafprozessrecht beschränken.

Vor diesem Hintergrund verfolgt der Entwurf das Ziel, mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen, die insbesondere auch die Prävention betreffen, den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt zu verbessern.

Der Gesetzentwurf enthält folgende Kernpunkte:

1. Verschärfungen des Strafrechts:

"Sexualisierte Gewalt gegen Kinder": Die Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern sollen mit diesem Begriff gesetzlich neu bezeichnet werden, um das Unrecht der Taten klar zu beschreiben.

Der Grundtatbestand der sexualisierten Gewalt gegen Kinder soll künftig ein Verbrechen sein, mit einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe (bisher als Vergehen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht).

Verbreitung, Besitz und Besitzverschaffung von Kinderpornografie sollen zum Verbrechen hochgestuft werden. Für die Verbreitung von Kinderpornografie sieht der Entwurf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor (bisher drei Monate bis fünf Jahre). Besitz und Besitzverschaffung sollen mit Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu fünf Jahren geahndet werden (bisher bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe). Das gewerbs- und bandenmäßige Verbreiten soll künftig mit Freiheitsstrafe von zwei bis 15 Jahren geahndet werden können (bisher sechs Monate bis zehn Jahre).

Taten mit oder vor Dritten: Die §§ 174 bis 174c StGB (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und in Abhängigkeitsverhältnissen) sollen um Handlungen mit oder vor Dritten erweitert werden.

Verjährung: Bei der Herstellung kinderpornografischer Inhalte, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, soll die Verjährungsfrist erst mit Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers beginnen.

2. Prävention und Qualifizierung der Justiz:

Qualifikationsanforderungen für Familien- und Jugendrichterinnen -richter, Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte sowie Verfahrensbeistände von Kindern sollen gesetzlich geregelt und damit konkreter und verbindlicher gefasst werden.

Die persönliche Anhörung von Kindern in Kindschaftsverfahren soll – unabhängig von ihrem Alter – grundsätzlich vorgeschrieben werden.

Um Kindern und Jugendliche umfassend zu schützen, sollen die Fristen für die Aufnahme von relevanten Verurteilungen in erweiterte Führungszeugnisse erheblich verlängert werden.

3. Effektive Strafverfolgung:

Bei schwerer sexualisierter Gewalt gegen Kinder soll die Anordnung von Untersuchungshaft unter erleichterten Voraussetzungen möglich sein.

Telekommunikationsüberwachung soll künftig auch bei Ermittlungen wegen Sichverschaffens oder Besitzes von Kinderpornografie möglich sein.

Onlinedurchsuchung: Bei sämtlichen Formen der schweren sexualisierten Gewalt gegen Kinder sowie der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte soll künftig eine Onlinedurchsuchung angeordnet werden können.

Quelle: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Bekaempfung_sex_Gewalt_Kinder.html?nn=6704238

FF 10/2020, S. 385 - 386

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