I. Früheres Recht

Der frühere § 1587 o Abs. 2 S. 3 BGB sah für Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (VA) im Zusammenhang mit der Scheidung eine richterliche Genehmigungspflicht vor. Die Genehmigung sollte nur verweigert werden, wenn sich die vereinbarte Leistung bei einer Gesamtwürdigung der vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen als nicht zur Alterssicherung geeignet erwies oder nicht zu einem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich führte. Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit war daher eine Inhaltskontrolle erforderlich.

II. Reformierter VA

Das reformierte VA-Recht sieht eine richterliche Genehmigung nicht mehr vor. Es stellt in § 6 Abs. 1 S. 1 VersAusglG klar, dass auch der VA der Dispositionsbefugnis der Eheleute unterliegt. Vereinbarungen der Eheleute über den VA sind grundsätzlich erwünscht.[1] Satz 2 lässt ausdrücklich auch Gesamtregelungen zur Vermögensauseinandersetzung unter Einbeziehung des VA zu.

Ferner heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 6:

Zitat

"Absatz 2 regelt, dass das Familiengericht an die Vereinbarungen der Eheleute gebunden ist, soweit diese den allgemeinen vertraglichen Wirksamkeitsvoraussetzungen und den in §§ 7 und 8 VersAusglG geregelten besonderen Erfordernissen entsprechen. Dies gilt insbesondere auch für die in § 8 Abs. 1 VersAusglG normierte Inhalts- und Ausübungskontrolle. All dies hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, sofern entsprechende Anhaltspunkte vorliegen."[2]

In § 8 VersAusglG sind die materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen von Vereinbarungen normiert. In Absatz 1 ist festgelegt, "dass das Gericht überprüfen muss, ob der Vertrag der Eheleute nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen wirksam ist und ihm auch keine Durchsetzungshindernisse entgegenstehen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die §§ 138 und 242 BGB von Bedeutung. Hier hat das Gericht eine Vereinbarung der Eheleute bei entsprechenden Anhaltspunkten einer Inhalts- und Ausübungskontrolle zu unterziehen" (so die Begründung des Gesetzes).[3]

Absatz 2 wiederholt ferner den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Verträge nicht zulasten Dritter geschlossen werden können. Durch Vereinbarung können Anrechte im Übrigen nur übertragen oder begründet werden, soweit die maßgeblichen Versorgungsordnungen dies zulassen und der Versorgungsträger zustimmt.

Bedauerlicherweise hat das VersAusglG zum Verfahrensrecht zwar geregelt, wie eine Ausschlussvereinbarung über den VA gerichtlich umzusetzen ist (§ 224 Abs. 3 FamFG). Es macht jedoch jedenfalls im Gesetzestext keine Angaben darüber, in welchen Fällen eine gerichtliche Kontrolle geschlossener Vereinbarungen vorzunehmen ist. In Rechtsprechung und Literatur werden dazu trotz des eindeutigen Wortlauts der Gesetzesbegründung immer noch unterschiedliche Meinungen vertreten. Der Diskussionsstand soll im Folgenden dargestellt werden.

[1] Weiterhin grundsätzliche Skepsis gegenüber Vereinbarungen haben demgegenüber Ruland, Versorgungsausgleich, 4. Aufl., Rn 1006 ("in nur wenigen Fällen für beide Ehegatten sinnvoll") und Borth, Der Versorgungsausgleich, 7. Aufl., Rn 1063 (notarielle Belehrungspflicht kein Garant für inhaltlich ausgewogene Regelung).
[2] BT-Drucks 16/10144, 51 f.
[3] BT-Drucks 16/10144, 52.

III. Grundlagen

Eine Inhaltskontrolle nach § 138 BGB ist nach der Entscheidung des BVerfG[4] bei einem Ehevertrag dann geboten, wenn dieser zu einer evident einseitigen Lastenverteilung der Eheleute führt und ein Ehegatte bei dessen Abschluss in einer erheblich schwächeren Verhandlungsposition war. Dabei hat das Familiengericht nach der Rechtsprechung des BGH[5] zu überprüfen, inwieweit die vertraglichen Abreden unmittelbar in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreifen. Ergeben sich hier keine Beanstandungen, ist sodann bei einem vereinbarten völligen oder teilweisen Ausschluss des VA eine Ausübungskontrolle am Maßstab des § 242 BGB vorzunehmen. Dabei ist zu untersuchen, ob infolge der Vereinbarung ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint.[6] Auf eine Scheidungsfolgenvereinbarung sind diese Grundsätze entsprechend anzuwenden. Bezüglich des Maßstabs der richterlichen Inhaltskontrolle unterscheidet das Gesetz daher nicht mehr – wie das frühere Recht – zwischen Eheverträgen und Scheidungsvereinbarungen. Zusätzlich zu der Inhalts- und Ausübungskontrolle kommt in Ausnahmefällen eine Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 und 2 BGB in Betracht, z.B. wenn eine wesentliche, von den Ehegatten nicht vorhersehbare Änderung der Gesetzeslage (hier Neuordnung des VA durch das VersAusglG) zu einer gänzlich anderen Regelung des VA führt.[7]

[4] FamRZ 2001, 343.
[5] FamRZ 2004, 601.
[7] OLG Hamm FamRZ 2016, 818; vgl. dazu auch Ruland, Versorgungsausgleich, 4. Aufl., Rn 971.

IV. Durchführung der Kontrolle

Zur Ausübung der Kontrolle hat das Gericht die ihm vorgelegte Vereinbarung daraufhin zu überprüfen, ob sich daraus An...

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