Dem Erstantrag des Gläubigers nach § 258 ZPO wird voll stattgegeben.

aa) Der Gläubiger muss einen Abänderungsantrag nach § 238 FamFG erheben. Nach dieser Vorschrift ist jeder Wunsch auf Abänderung einer Rentenentscheidung zu beurteilen, gleich ob im Einzelfall eine formelle Rechtskraft zu durchbrechen ist oder nicht.[4]

(1) Gestützt auf nachträgliche Veränderung der Verhältnisse

(2) Nach zulässiger Eröffnung des Abänderungsverfahrens aus anderen Gründen auch wegen bereits im Erstverfahren begründeten Mehrunterhalts, z.B. Vorsorgeunterhalt, den er wegen der Vermutung, dass der Unterhalt in voller Höhe eingeklagt ist, nicht mit einem Zusatzantrag nach § 258 ZPO geltend machen kann.[5]

(3) Der Schuldner muss als Gegner in einem Abänderungsverfahren wegen Herabsetzungsgründen zur Vermeidung eines gegenläufigen Abänderungsverfahrens über den gleichen Anspruch Wiederabänderungsantrag stellen.[6]

(4) Umstände sind jedoch nicht ausgeschlossen, auf die es im Erstverfahren nicht ankam, von denen das Gericht nichts wusste und die zur Verteidigung der Rechtskraft vorgebracht werden.[7]

bb) Der Schuldner muss Abänderungsantrag nach § 238 FamFG stellen.

Es gelten die eben erwähnten Grundsätze zum Abänderungsantrag des Gläubigers entsprechend.

Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Soweit in der Rspr. bei Eröffnung des Abänderungsverfahrens aus anderen Gründen ein zur Zeit des Erstverfahrens begründeter Mehrunterhalt verlangt werden kann, der dort wegen der Vermutung der Geltendmachung des gesamten Anspruchs nicht geltend gemacht werden kann, und soweit Umstände/Einwendungen vorgebracht werden, auf die es für die Erstentscheidung nicht ankam und die deswegen von der allgemeinen Rechtskraft nicht erfasst werden, handelt es sich zwar um Wirkungen der Zukunftsrechtskraft. Diese kann jedoch in Einschränkung der wörtlichen Anwendung von § 238 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG durchbrochen werden, weil anders eine grobe Unbilligkeit nicht vermieden werden kann. Dies gilt auch, wenn das Erstgericht die aufgrund der vorliegenden Umstände mögliche Entscheidung über eine bestimmte Frage, etwa die Befristung des Anspruchs, für ein neues Abänderungsverfahren vorbehält,[8] während dies bei Übersehen wegen der Rechtskraft nach der Rechtsprechung des BGH nicht korrigiert werden kann.[9]

Es ist vorzuziehen, der künftigen Rechtskraft grundsätzlich dieselben Wirkungen wie der allgemeinen Rechtskraft beizumessen, jedoch die Folge der Anwendbarkeit von § 238 FamFG (Präklusion) in bestimmten Fallgruppen einzuschränken, die vom Gesetzgeber in ihrer Besonderheit nicht bedacht wurden, d.h. den Schwerpunkt des Problems weniger bei der Geltung der Festlegung (Rechtskraft/vertragliche Bindung) als bei der Abänderbarkeit einer Festlegung des Unterhaltsanspruchs vor dessen Fälligkeit zu sehen. Genau dies ist geschehen, indem sich die Rechtsprechung[10] nicht an die Verweisung in § 323 Abs. 4 ZPO a.F. gehalten hat, wonach Vergleiche ohne Rücksicht auf ihre fehlende Rechtskraft wie Urteile abzuändern sind, sondern nach den Regeln der Geschäftsgrundlage. Dies hat der Gesetzgeber durch die Schaffung von § 239 FamFG gebilligt. Es ist zu prüfen, ob die erweiterte Abänderbarkeit von Vergleichen für die Abänderbarkeit von Entscheidungen übernommen werden kann, ohne dass der Grundgedanke der Rechtskraft aufgegeben wird. Der Gesetzgeber hat dies hinsichtlich der rückwirkenden Abänderbarkeit von Entscheidungen in § 238 Abs. 3 FamFG getan, während er dies hinsichtlich der Präklusion nach § 238 Abs. 2 FamFG der Rechtsprechung überlassen hat. Die erweiterte Abänderbarkeit erscheint gerechtfertigt, weil sowohl die Abänderbarkeit einer Entscheidung nach der prozessualen Bestimmung des § 238 FamFG als auch die Abänderbarkeit eines Vergleichs nach den materiellrechtlichen Regeln der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) Ausdruck desselben Grundgedankens ist, des vom BGH als übergesetzlichen Rechtssatz bezeichneten Grundsatzes von Treu und Glauben und der daraus abgeleiteten clausula rebus sic stantibus.[11] Es geht darum, inwieweit die grundsätzlich berechtigte Festlegung des Unterhalts im Voraus aufgrund einer Prognose der Entwicklung der Verhältnisse korrigiert werden kann, wenn der aktualisierte Anspruch davon abweicht, so dass es unbillig oder sogar grob unbillig ist, daran "für ewig" festzuhalten.

[4] BGH FamRZ 1961, 263 = NJW 1961, 871.
[5] BGH FamRZ 1985, 690 = NJW 1985, 1701.
[7] BGH FamRZ 1987, 259 = NJW 1987, 1201 – Pflegegeld.
[10] BGH GS FamRZ 1983, 22 = NJW 1983, 228.
[11] BGH FamRZ 1961, 263 = NJW 1961, 871; FamRZ 1995, 544 = NJW 1995, 1345.

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