Uns allen, die wir mit Familiensachen befasst sind, sind die Nachteile der bisher fehlenden Zuständigkeit der Familiengerichte für vermögensrechtliche Streitigkeiten von getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, die nicht im Güterrecht, dem Recht der Hausratsverteilung oder der Wohnungszuweisung ihre Grundlage haben, aus der täglichen Praxis vertraut: Zivilprozessgerichte und Familiengerichte streiten darum, wer zuständig ist etwa für die Klage des aus dem Familienheim ausgezogenen Ehegatten auf eine Nutzungsvergütung oder für eine Schadensersatzforderung wegen Vereitelung des Umgangsrechts. Zivilrichter müssen bei einer auf Rückgewähr einer ehebezogenen Zuwendung gerichteten Klage entscheiden, ob nicht schon der – vorrangige – Zugewinnausgleich zu einem für den Kläger hinnehmbaren Ergebnis führt. Die Frage, wer im Innenverhältnis für eine Gesamtschuld aufkommen muss, ist sowohl in einem auf Schuldenausgleich gerichteten Zivilprozess als auch in einem parallel anhängigen Zugewinnausgleichsverfahren zu beantworten. Die Nachteile der gegenwärtigen Zuständigkeitszersplitterung lassen sich mit folgenden Schlagworten zusammenfassen: Probleme bei der Zuständigkeitsbestimmung, doppelte Behandlung desselben Streitstoffs, Gefahr divergierender Entscheidungen, problematische Ergebnisse infolge fehlender Kenntnisse der entscheidenden Zivilprozessgerichte im Familienrecht, Verhinderung verfahrensübergreifender Gesamtlösungen.

Doch dazu ist, wie Rakete-Dombek als Sachverständige in ihrer Stellungnahme zum Regierungsentwurf des FamFG gegenüber dem Rechtsausschuss des Bundestages treffend bemerkt,[1] "bereits alles seit Jahren gesagt".[2] Daran, dass die Schaffung des Großen Familiengerichts nötig und längst überfällig ist, besteht kein Zweifel.

Fest steht nun auch, dass das Große Familiengericht kommen wird. Der Bundestag hat am 27.6.2008 auf Vorschlag der Bundesregierung das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), in dem das Große Familiengericht vorgesehen ist, beschlossen (als Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FGG-RG]).[3] Das Gesetz hat inzwischen den Bundesrat passiert und wird am 1.9.2009 in Kraft treten.

[1] www.bundestag.de/Ausschüsse/Recht/öffentlicheAnhörungen/Mittwoch, 13.2.2008/Stellungnahmen der Sachverständigen.
[2] Vgl. etwa Klauser, MDR 1980, 809; Bosch, FamRZ 1980, 1, 9 ff.; Wever, FamRZ 2001, 268; Hahne, FamRZ 2002, 921, 922 f.; Peschel-Gutzeit, NJW 2002, 2737, 2742 f.
[3] Gesetzestext bei BR-Drucks: 617/08. Grundlage ist der Regierungsentwurf, BT-Drucks 16/6308 vom 7.9.2007, mit den Änderungsempfehlungen des Rechtsausschusses, BT-Drucks 16/9733 vom 23.6.2008.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge