Die Terminierung der Kindesanhörung sollte sehr bedacht ausgewählt werden.

Grundsätzlich halte ich es für notwendig und verfahrensförderlich, das Kind immer vor der Verhandlung mit den Sorgeberechtigten anzuhören (Gründe siehe IV. 2.).

In Fällen der Fremdunterbringung nach Herausnahme oder Inobhutnahme des Kindes kann ein Zusammentreffen/erstes Wiedersehen vor dem Sitzungszimmer zu Eskalationen und starken Emotionen führen. Dies ist dem Kindeswohl stets abträglich. Gleiches gilt in Fällen häuslicher oder innerfamiliärer Gewalt, wenn der Täter oder die Täterin nach längerem Kontaktabbruch wieder erstmalig auf das Kind treffen würde. In diesen Fällen rate ich dringlich zur zeitlich und räumlich getrennten Anhörung. Die Sorgeberechtigten müssen dabei nicht vom Termin der Kindesanhörung verständigt werden. Es reicht aus, wenn sie den Inhalt der Anhörung im Rahmen der Protokollierung erfahren.

Eine Besonderheit gilt für die Verfahren der einstweiligen Anordnung. Hier sollte das Kind immer vor der mündlichen Verhandlung angehört werden. Dies dient der Verfahrensökonomie. Wenn die dann ergehende Entscheidung nach mündlicher Verhandlung nach § 57 S. 2 FamFG beschwerdefähig ist, kann das Verfahren sofort dem Beschwerdegericht vorgelegt werden. Erfolgt die Kindesanhörung erst nach der mündlichen Verhandlung, ist das Ergebnis der Kindesanhörung neuer Tatsachenstoff, so dass eine "Beschwerde" gegen die nach der Anhörung ergangene richterliche Entscheidung als Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG auszulegen ist und erneut verhandelt werden muss. Eine Beschwerde ist dann noch nicht zulässig.

Diesen zweiten Termin kann sich das Familiengericht bei rechtzeitiger Kindesanhörung ersparen, da er eine Belastung für alle Beteiligten darstellt und dem Beschleunigungsgebot des§ 155 Abs. 1 FamFG widerspricht.

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