Einführung

Zu beachten ist, dass der Unterhaltsanspruch von minderjährigen Kindern oder privilegiert volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 3 S. 1 BGB) vorrangig zu befriedigen ist und insoweit eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung besteht. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige nunmehr in einer (neuen) Familienkonstellation lebt und dort ein weiterer Unterhaltspflichtiger hinzukommt (I.). Insbesondere soll auch die Frage der Wahl von Elterngeld (oder verlängertem Elterngeld) betrachtet werden.

Im Anschluss (II. und III.) soll die Konstellation betrachtet werden, dass aus der früheren Ehe eine nacheheliche Unterhaltsverpflichtung besteht und in der aktuellen Partnerschaft/neuen Ehe wiederum ein neues Kind hinzukommt. Hier besteht die Möglichkeit, dass der betreuende Elternteil der neuen Beziehung mit dem früheren Ehegatten im selben Rang ist, wenn beide einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt haben (II.), oder dass der frühere Ehegatte nachrangig ist, wenn er einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt (III.) hat. Dies soll anhand eines größeren Falles (III. 3.) dargestellt werden.

Zuletzt sind noch die Fälle zu betrachten, in denen zwei volljährige Kinder von unterschiedlichen Müttern Unterhalt auch vom gemeinsamen Vater begehren (IV.).

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Im Familienrecht stellen sich zumeist nicht nur die klassischen Fragen des Kindes- oder nachehelichen Unterhalts, wenn eine Ehe gescheitert ist. Auch nichteheliche Eltern und das Zusammenleben von Kindern unterschiedlicher Eltern bestimmen den Alltag in der familienrechtlichen Praxis. Gerade sog. Patchworkfamilien oder Fälle einer Geschwistertrennung sind unterhaltsrechtlich zu lösen. Der folgende Beitrag möchte ein paar Denkanstöße dazu beitragen.

I. Wechselwirkungen mit §§ 1601 ff. BGB

Der Bedarf bestimmt sich nach dem Einkommen des nicht betreuenden Elternteils und wird gemäß den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle bestimmt. Betreut der nicht betreuende Elternteil selbst ein weiteres minderjähriges Kind oder versorgt er den Haushalt des neuen Partners, stellt sich die Frage, ob er sich auf Leistungsunfähigkeit berufen kann.

Der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes (und des privilegiert volljährigen Kindes) richtet sich nach §§ 1601 ff. BGB und ist stets vorrangig (§ 1609 Nr. 1 BGB). Wird Unterhalt gegen den nicht betreuenden Elternteil geltend gemacht, besteht hinsichtlich des Mindestunterhalts eine erhöhte Leistungsverpflichtung. Das Kind, welches bei einem Elternteil wohnt, hat Anspruch auf Kindesunterhalt, da es sich nicht selbst unterhalten kann. Der Unterhaltspflichtige trägt die Darlegungs- und Beweislast sowohl für die mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit als auch für die Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit.[1] Insoweit kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil im Regelfall nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen, selbst wenn er selbst ein minderjähriges Kind zu betreuen hat und daher nicht/nicht vollständig erwerbstätig sein kann. § 1570 (§ 1615l) BGB regelt zunächst nur den Unterhaltsanspruch desjenigen Elternteils, der die Kinder betreut.

Gegenüber dem minderjährigen Kind besteht daher immer eine Leistungsverpflichtung, wenn[2]

aus der neuen Ehe keine Kinder hervorgegangen sind und nur die Haushaltsführung in der neuen Ehe übernommen wird;[3]
die Haushaltstätigkeit trotz Kindern in der neuen Ehe nicht akzeptiert werden kann, weil gegenüber der früheren Ehe ein Rollenwechsel stattfand und die Rollenwahl den Familienunterhalt der neuen Familie nicht wesentlich günstiger gestaltet, d.h. der neue Ehegatte kein erheblich höheres Einkommen erzielt als der Unterhaltsschuldner erzielen könnte[4] oder sonstige erkennbare Vorteile für einen Rollenwechsel sprachen;[5]
der Hausmann/die Hausfrau durch eine Nebentätigkeit nicht unverhältnismäßig belastet wird, wobei der neue Ehegatte verpflichtet ist, soweit möglich den Unterhaltsschuldner in der Haushaltsführung und Kinderbetreuung entsprechend zu entlasten,[6] oder wenn der gesundheitlich in der Lage ist, zumindest einem Nebenerwerb nachzugehen.

Der Ehegatte, der mit dem unterhaltsbedürftigen Kind nicht verwandt ist, haftet grundsätzlich nicht für dessen Unterhalt. Ihm muss zumindest die Hälfte des gemeinsamen bereinigten Nettoeinkommens, mindestens der Ehegattenmindestselbstbehalt von derzeit 1.200 EUR, verbleiben.[7] Für die Ermittlung des Familienbedarfs ist auch das vom Unterhaltpflichtigen bezogene Erziehungsgeld bzw. Elterngeld mit einzurechnen. Hat der das Kind betreuende Elternteil ein so gutes Einkommen, dass er unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts und eines Betreuungsbonus ohne Weiteres auch den Barunterhalt des Kindes bezahlen könnte, ist im Rahmen der Subsidiaritätsklausel zu prüfen, ob der neue Ehepartner auch den angemessenen Selbstbehalt des den Haushalt führenden Pflichtigen abdeckt.[8]

Dieser ist aufgrund der Ersparnis durch das Zusammenleben mit 80 % des angemessenen Selbstbehalts, d.h. derzeit mit 960 EUR anzusetzen.[9]

Für die Barunterhaltspflicht des unterhaltspflichtigen Elternteils (Hausmannes/Hausfrau) ...

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