Praxis-Beispiel

Sachverhalt:

Nach der Scheidung bleiben K 1 (5 J) und K 2 (3 J) bei M, der 1.200 EUR netto verdient und das Kindergeld erhält. F, die in der Ehe Hausfrau war, heiratet erneut. F ist in der zweiten Ehe Hausfrau. Ihr zweiter Ehemann Z verdient 2.700 EUR netto. M verlangt ab 1.1.2017 von F Kindesunterhalt, den F im Hinblick auf ihr fehlendes Einkommen verweigert.

a) Aus ihrer zweiten Ehe entstammt ein am 1.12.2016 geborenes Kind K 3, das F betreut. F erhält 300 EUR Elterngeld.

b) Wie wäre es im Fall a), wenn M 2.500 EUR netto verdient, der zweite Ehemann von F dagegen nur 1.500 EUR?

c) Wie wäre es, wenn bei M drei Kinder (13 J), (8 J) und (5 J) leben und auch F vor der Entbindung 1.500 EUR verdient hat, ihr zweiter Ehemann Z 1.300 EUR? Nach der Entbindung will F zu Hause bleiben und erklärt, sie könne den Kindesunterhalt für drei Kinder nicht vollständig bezahlen.

Lösung:

Zu a)

Wegen Gleichrangigkeit von K 1, K 2 und K 3 muss F auch zum Unterhalt von K 1 und K 2 beitragen. Nach § 11 BEEG ist auch der ansonsten anrechnungsfreie Teil des Elterngeldes hier als Einkommen anzusetzen. Einer Berufstätigkeit muss F dagegen derzeit aufgrund des Alters von K 3 nicht nachgehen. Ein Selbstbehalt ist bei ihr nicht anzusetzen, da ihr eigener Unterhalt nach der Rollenwahl in der neuen Ehe durch ihren zweiten Ehemann gedeckt ist. Das Elterngeld ist für die Ermittlung des Familienbedarfs zu berücksichtigen, da es F als Unterhaltspflichtige bezieht.

Familienbedarf: Z muss die Hälfte des gemeinsamen Einkommens verbleiben, d.h. 1.500 EUR (2.700 EUR + 300 EUR) : 2, der Eigenbedarf der F kann wegen der Ersparnis durch das Zusammenleben von 960 EUR nicht weiter herabgesetzt werden, vgl. z.B. SüdL Nr. 21.2: 1.500 EUR + 960 EUR = 2.460 EUR.

Kindesunterhalt für K 3 nach Einkommen des Ehegatten gemäß DT Gr. 4 St. 1: (394 ./. 96) 298 EUR.

Für Kindesunterhalt für K 3 haftet im Innenverhältnis der neue Ehegatte Z; dadurch reduziert sich der Familienbedarf: 2.700 EUR + 300 EUR – 298 EUR = 2.702 EUR. Z muss zumindest die Hälfte verbleiben, somit 1.351 EUR.

Der Selbstbehalt der F kann wegen der Ersparnis durch das Zusammenleben von 960 EUR nicht weiter herabgesetzt werden, vgl. z.B. SüdL Nr. 21.2: 1.351 EUR + 960 EUR = 2.311 EUR. Da das Kind K 3 von Z bedient wird, kann F das gesamte Elterngeld für den Mindestunterhalt von K 1 und K 2 einsetzen, da ihr notwendiger Selbstbehalt von 880 EUR durch Z gedeckt wird und auch nicht unterschritten wird.

Damit ist F für den Mindestbetrag von 2 × 246 EUR (Gr. 1 St. 1 der DT: 342 EUR – 96 EUR) allerdings nur teilweise leistungsfähig. Nach BGH XII ZB 181/14[25] muss sie nur ihr Elterngeld einsetzen – hier die 300 EUR. Im Übrigen ist sie nicht leistungsfähig. Da sie auch in der ersten Ehe als Hausfrau zu Hause war und der neue Ehegatte eine berufliche Stelle innehat, ist die Rollenwahl auch zu respektieren.

Insoweit stehen je Kind (K 1 und K 2) 150 EUR zur Verfügung.

Zu b)

Subsidiaritätshaftung von M für Unterhalt K 1 und K 2, da sein angemessener Selbstbehalt (1.200 EUR) auch bei Leistung des Barunterhalts für K 1 und K 2 (2 × 246 EUR = 492 EUR) gesichert bleibt: 2.500 EUR – 492 EUR = 2.008 EUR.

Bei F wäre dagegen auch bei Berücksichtigung des Elterngeldes der angemessene Selbstbehalt (1.200 EUR) nicht gewahrt (Familienbedarf: 1.200 EUR – da mehr als die Hälfte = 1.200 EUR + 960 EUR (vgl. SüdL Nr. 22.1, DT (1.1.2017) Anm. B VI Nr. 1a) + 246 EUR = 2.406 EUR; 1.500 EUR + 300 EUR = 1.800 EUR, d.h. weniger).

Zu c)

Der Anspruch auf Elterngeld besteht für F i.H.v. 1.005 EUR (1.500 EUR x 0,67) gemäß § 2 BEEG.

Der Mindestunterhalt für drei Kinder beträgt 246 EUR + 297 EUR + 361 EUR (Gr. 1 St. 1 der DT: 342 EUR – 96 EUR + Gr. 1 St. 2 der DT: 393 EUR – 96 EUR + Gr. 1 St. 3 der DT: 460 EUR – 99 EUR) = 904 EUR. Insoweit ist die F nicht leistungsfähig.

Nach BGH XII ZB 181/14[26] müsste sie ihr Elterngeld einsetzen – hier die 1.005 EUR. Im Übrigen wäre sie nicht leistungsfähig. Allerdings ist im Hinblick auf das geringe Einkommen des Z (1.300 EUR), von dem ihm zumindest 1.200 EUR bleiben müssen, ihr Selbstbehalt nur um maximal 100 EUR zu kürzen. Der geringere Selbstbehalt von 960 EUR darf aber nicht unter 880 EUR gekürzt werden, so dass ihr für den Unterhalt nur 1.005 EUR – 880 EUR, d.h. 125 EUR verblieben. Da sie aber eine bessere berufliche Stelle innehat als der neue Ehegatte, ist die Rollenwahl nicht zu respektieren. Die F kann sich nicht auf ihre Rollenwahl berufen.

Allerdings wäre sie auch für den Fall, dass sie arbeiten würde, nur i.H.v. 420 EUR leistungsfähig, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass sie für den Barunterhalt des neu geborenen Kindes i.H.v. 246 EUR (Gr. 1 St. 1 der DT: 342 EUR – 96 EUR) haften müsste. Insoweit wäre auch danach eine Mangelfallberechnung notwendig.

[25] BGH FamRZ 2015, 738 m. Anm. Schlecht S. 740.
[26] BGH FamRZ 2015, 738 m. Anm. Schlecht S. 740.

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