§ 1378 Abs. 2 Satz 1 BGB ist unverändert geblieben, seine Funktion hat sich nach der Einführung des negativen Anfangs- bzw. Endvermögens und der Vorverlegung des Stichtags in § 1384 BGB in der Sache jedoch geändert. Heute dient er dem Schutz des Schuldners davor, sich nach dem Abbau seiner Schulden zur Erfüllung der Ausgleichsforderung nicht erneut verschulden zu müssen. Auch nach neuem Recht wird die Höhe der Ausgleichsforderung durch das bei Ende des Güterstandes vorhandene Vermögen begrenzt. Die im Regierungsentwurf noch vorhandene Begrenzung auf die Hälfte des bei Beendigung des Güterstandes noch vorhandenen Vermögens ist entfallen. Der Zugewinnausgleichspflichtige muss, wenn er sich während der Ehe entschuldet hat, ggf. sein gesamtes Vermögen abgeben. Konsequent ist auch die in Abs. 2 S. 2 BGB enthaltene Begrenzung der dem Endvermögen hinzuzurechnenden Beträge entfallen. Der dem Endvermögen auf Grund illoyaler Vermögensminderungen hinzuzurechnende Betrag ist in voller Höhe zu berücksichtigen.

Der Ausgleichspflichtige muss grundsätzlich zur Erfüllung der Ausgleichsverpflichtung – bezogen auf den Stichtag des § 1384 BGB – keine Verbindlichkeiten eingehen,[1] wohl aber notfalls sein gesamtes, nach einer Schuldentilgung erworbenes und noch vorhandenes Vermögen einsetzen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Anfangsvermögen des M –200.000 EUR. Endvermögen –100.000 EUR.

Zugewinn der F: 50.000 EUR.

Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat M den höheren Zugewinn – 100.000 EUR – erzielt. Da er aber kein positives Endvermögen hat, ist er nicht ausgleichspflichtig. Die F ist nicht ausgleichspflichtig, weil M den höheren wirtschaftlichen Zugewinn (Zugewinn F 50.000 EUR ./. wirtschaftlicher Zugewinn des M 100.000 EUR = Ausgleichspflicht der F 0 EUR) erzielt hat.

Die Erwirtschaftung von Verlusten wird jedoch nicht als "negativer Zugewinn" einbezogen, weil beide Ehegatten gem. den §§ 1363 ff. BGB grundsätzlich auf eigenes Risiko wirtschaften. Die Ehegatten sind vielmehr schon gem. § 1378 Abs. 2 BGB am Risiko des anderen beteiligt. Die Neuregelung bietet einen deutlich besseren Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten vor Manipulationen des Ausgleichspflichtigen, da es nach § 1384 BGB n.F. für die Höhe der Ausgleichsforderung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ankommt. Die gesetzliche Neuregelung stellt sicher, dass die Grundregel des hälftigen Ausgleichs nicht zu einem Schutz illoyaler Vermögensminderung führt. Dies hat zur Folge, dass der illoyale Ehegatte in diesen Fällen sein ganzes Vermögen abführen oder sich wegen der Hinzurechnung dieses evtl. nicht mehr vorhandenen Vermögensteils zur Ausgleichsforderung verschulden muss.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Anfangsvermögen des M und der F 0 EUR, Endvermögen des M 300.000 EUR, Zurechnung gem. § 1375 Abs. 2 BGB von 900.000 EUR, Endvermögen des M also 1.2 EUR Mio. Ausgleichsforderung der F 600.000 EUR, aber begrenzt gem. § 1378 Abs. 2 Satz 1 BGB auf 300.000. 

Die Neuregelung in § 1378 Abs. 2 Satz 2 BGB ergänzt die in § 1375 Abs. 2 BGB geregelte Hinzurechnung des Betrages der illoyalen Vermögensminderung im Endvermögen durch die Hinzurechnung dieses Betrages zur Ausgleichsforderung, um sicherzustellen, dass die Grundregel des hälftigen Ausgleichs nicht zu einem Schutz illoyaler Vermögensminderung führt.

Lösung:

Die sich nach Satz 1 ergebende Begrenzung auf 300.000 EUR erhöht sich also in den Fällen des § 1375 Abs. 2 BGB um den dem Endvermögen zuzurechnenden Betrag, d.h., unter Hinzurechnung von 900.000 EUR kann die F 600.000 EUR verlangen.

[1] BGH FamRZ 1995, 990.

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