Mit diesem Urteil setzt der Familiensenat des BGH konsequent seine Rechtsprechung zum Betreuungsunterhalt nach dem neuen § 1570 BGB fort.

Drei Aspekte sind von Bedeutung:

  1. Betreuungsunterhalt bei zwei Kindern (13 und 15 Jahre)

    Nach der etwas missverständlichen Entscheidung des BGH vom 16.7.2008[1] zur Betreuung eines nichtehelichen Kindes hat er jetzt nach der Entscheidung vom 18.3.2009[2] (Studienrätin aus Berlin) die zweite Entscheidung zum nachehelichen Betreuungsunterhalt gefällt. Am 17.6.2009 steht eine weitere Entscheidung in dem Münchener Fall an (Buchhändlerin).[3]

    Im vorliegenden Fall geht es um eine Krankengymnastin, die zwei Kinder betreut, die schon älter sind. Der ältere Sohn ist 15 Jahre alt, der jüngere 13 Jahre. Der ältere Sohn leidet seit seiner Geburt unter ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom). Seit 2007 arbeitet die Klägerin und betreuende Mutter 25–30 Stunden Teilzeit in einer Gemeinschaftspraxis. Der Beklagte ist als Verwaltungsleiter vollschichtig erwerbstätig.

    Der BGH bezieht sich ausdrücklich auf seine Entscheidung vom 18.3.2009 und stellt noch einmal unmissverständlich klar, dass eine Möglichkeit für eine Fortsetzung des Altersphasenmodells nicht besteht.[4]

    Der BGH führt ausdrücklich aus, dass der § 1570 BGB einen Basisunterhalt für die ersten drei Jahre beinhaltet und danach dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzung einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus aufgegeben hat.

    Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Insofern ist der Vortrag sinnvollerweise sehr exakt und enthält genaue Angaben zum Tagesablauf und möglichem zusätzlichen Betreuungsbedarf im Anschluss an die Betreuung in einer Betreuungseinrichtung (Kindergarten, Kindertagesstätte oder Kinderhort bzw. Schule).[5]

    Der Gesetzgeber hat den Vorrang der persönlichen Betreuung ausdrücklich aufgegeben. Hierbei hat der Gesetzgeber bewusst an die sozialstaatlichen Regelungen angeknüpft, die den Eltern dabei behilflich sein sollen, Kindererziehung und Erwerbstätigkeit miteinander zu vereinbaren. Der Senat zitiert ausdrücklich die entsprechenden Vorschriften aus dem SGB II, VIII und XII.[6]

    Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe auch deshalb aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil keine Angaben über eine kindgerechte Einrichtung im Einzugsbereich der Söhne festgestellt worden sind. Auch wenn die schwere Erkrankung des inzwischen 15 Jahre alten Sohnes (ADS) einen zusätzlichen Betreuungsbedarf begründet, sagt dies nichts darüber aus, ob nicht auch eine solche Betreuung durch Dritte sichergestellt werden kann. Offenkundig sind der Schulbesuch des Sohnes und seine sportlichen Aktivitäten problemlos. Hieraus schließt der BGH, dass die auswärtige Betreuung grundsätzlich möglich sein muss. Es hängt jetzt nur noch von dem konkreten Betreuungsangebot einer entsprechenden kindgerechten Einrichtung ab, das unklar ist.[7]

  2. Befristung des Betreuungsunterhalts

    Ähnlich wie am 18.3.2009 hat der Senat eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB ausgeschlossen, weil der § 1570 BGB eine Sonderregelung darstellt, die die Billigkeitsabwägung vorsieht. Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung sind alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalls zu beachten.

  3. Verwirkung (§ 1579 Nr. 3 und 5 BGB)

    Interessant sind die Einzelausführungen des BGH auch zu den Verwirkungstatbeständen.

    1. Eine Verwirkung kommt nicht in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte auf seine Ansprüche aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht verzichtet und dadurch ggf. die Beförderung zu einer weiteren höheren Position des Unterhaltsverpflichteten mit einem zusätzlich höherem Einkommen (etwa 300,00 EUR) verhindert.

      § 1579 Nr. 5 BGB ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil der geschiedene Ehemann keine Zusage für die Absicherung der fortlaufenden Zahlung der Unterhaltsbeträge abgeben wollte.

    2. Strafanzeigen der Klägerin sind keine schwerwiegende Pflichtverletzung i.S.d. § 1579 Nr. 3 oder 5 BGB. Die Anzeigen wegen falscher eidesstattlicher Versicherung, Vollstreckungsvereitlung und Unterhaltspflichtverletzung sind nicht völlig aus der Luft gegriffen. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Strafanzeige ohne jeden Bezug. Im Übrigen kann in derartigen Fällen grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Anzeige in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt ist.
    3. Problematisch sind die Schreiben an den Dienstvorgesetzten, wobei nicht klar ist, welche Details in diesen Schreiben stehen.

      Hier reicht nach § 1579 Nr. 5 BGB schon eine Vermögensgefährdung aus.[8]

      Die Kenntnis des Arbeitgebers von einer erheblichen strafrechtlichen Verurteilung kann natürlich Auswirkungen auf den Beamtenstatus und den Arbeitsplatz des Verurteilten haben, aber die Verwirkung setzt eben eine strafrechtliche Verurteilung voraus. Im...

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