a) Geradezu die "Grundkonstellation" für die nachträgliche Entpflichtung des Verfahrensbeistands, mit der sich die gerichtliche Praxis immer wieder einmal konfrontiert sieht, sind Fallgestaltungen, in denen der ursprünglich bestellte Verfahrensbeistand das ihm übertragene Amt aus durchaus achtenswerten bzw. nachvollziehbaren Gründen nicht weiter fortführen kann oder will bzw. in der konkreten Konstellation eine Fortführung nicht sinnvoll erscheint, er aus dem Verfahren ausscheiden und gegen einen neu zu bestellenden Verfahrensbeistand "ausgewechselt" werden soll. Beispiele, die im Gerichtsalltag immer wieder vorkommen, sind u.a. etwa:

der bestellte Verfahrensbeistand erkrankt plötzlich so schwer, dass er das Verfahren nicht weiter begleiten kann; die Verfahrensbeiständin wird im Verfahrensverlauf schwanger; der Verfahrensbeistand geht altersbedingt in Pension bzw. Rente oder verstirbt;
der bestellte Verfahrensbeistand zieht um an einen weit entfernten Ort oder gibt seine Berufstätigkeit auf;
es stellt sich heraus, dass bereits ein weiteres, parallel laufendes Kindschaftsverfahren existiert, in dem ebenfalls ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist, zu dem das Kind schon Vertrauen gewonnen hat und man dem Kind nicht zumuten möchte, sich in dem zweiten Verfahren auf den neuen Verfahrensbeistand einzulassen.

b) Derartige Konstellationen sind regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Initiative für ein Ausscheiden aus dem Verfahren vielfach vom Verfahrensbeistand selbst ausgeht bzw. der Verfahrensbeistand mit seiner Ablösung einverstanden ist und die Gründe, die eine Auswechslung im laufenden Verfahren nahelegen, mehr oder weniger triftig sind und zumeist unmittelbar einleuchten. Fälle eines "Auswechselns" des Verfahrensbeistands bereiten in der Praxis daher eher selten Schwierigkeiten und geben deshalb auch kaum Anlass zu Rechtsmittelverfahren: Wenn man den Bestellungsakt als verfahrensleitende Zwischenverfügung ansieht,[5] ist die Bestellung – ohne dass es hierfür besonderer Gründe bedürfte – grundsätzlich abänderbar. Dieser Auffassung zufolge soll die Befugnis des Gerichts, den Verfahrensbeistand zu entpflichten, als Kehrseite bzw. als "actus contrarius" aus der gesetzlichen Befugnis folgen, den Verfahrensbeistand zu bestellen.[6] Aber auch dann, wenn man in § 158 Abs. 5, 6 FamFG nur den Hinweis auf eine bestehende verfahrensrechtliche Möglichkeit für eine Aufhebung der Bestellung sieht, aber nicht den materiell-rechtlichen Maßstab hierfür,[7] bleibt eine Aufhebung in derartigen Konstellationen möglich: Da der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes im Verfahren gewährleisten soll, kann er entsprechend §§ 1886, 1887 Abs. 1, 1915 Abs. 1 BGB entpflichtet werden, sobald die Fortführung des Amtes das Interesse des Kindes gefährden würde bzw. eine Entlassung dem Wohl des Kindes dient. In den geschilderten Fällen wird das Kindeswohl regelmäßig bereits dadurch tangiert sein, dass der bestellte Verfahrensbeistand sein Amt (beispielsweise) aufgrund einer längeren Erkrankung nicht weiter fortführen kann und von daher die Gefahr besteht, dass die kindlichen Interessen im Verfahren nicht mehr wahrgenommen werden. Zur Begründung für eine Entlassung reicht das grundsätzlich aus,[8] zumal der Verfahrensbeistand mit der beabsichtigten Aufhebung seiner Bestellung vielfach einverstanden sein wird. Auch die Entpflichtung des Verfahrensbeistands, weil ein anderer Verfahrensbeistand in einem parallel geführten Verfahren bereits tätig geworden ist, kann gerechtfertigt sein, da eine Entlassung bereits bei einer objektiven Gefährdung der Interessen des Kindes in Betracht kommen kann; eine Schädigung braucht noch nicht eingetreten zu sein. Es genügt vielmehr, dass eine Schädigung des Kindesinteresses bei Belassung des Verfahrensbeistands nach Lage der Dinge möglich erscheint. Auf ein Verschulden des Verfahrensbeistands kommt es nicht an.[9]

c) Das Wohl des Kindes bzw. die Gefahr einer Gefährdung seiner Interessen im Sinne der §§ 1886, 1887 Abs. 1, 1915 Abs. 1 BGB stellen zugleich auch eine sachgerechte Beschränkung gegenüber einer vom Verfahrensbeistand zur Unzeit vorgebrachten Anregung dar, ihn zu entpflichten: Die mit der Bestellung übertragene Aufgabe, im Kindesinteresse im Verfahren tätig zu werden, steht einer Amtsaufgabe nach Belieben des Verfahrensbeistands entgegen.[10] Schon im Hinblick auf § 155 Abs. 1 FamFG und den entstehenden Zeitverlust, weil ein neuer Verfahrensbeistand sich erst einarbeiten müsste, müssen die für eine beabsichtigte Amtsaufgabe vorgebrachten Gründe von erheblichem Gewicht sein. In der Regel wird es das Kindesinteresse deshalb auch gebieten, dass einem vom Verfahrensbeistand ausgehenden Wunsch auf Entpflichtung nur nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung entsprochen wird.

d) Vor einer beabsichtigten "Auswechslung" des Verfahrensbeistands ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren.[11] Weiter ist zu beachten, dass die Verfahrensbeistandschaft durch eine "Auswechslung" nicht inef...

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