Der ausführlichen, mit vielen Zahlen belegten Darstellung des sozialen Wandels durch den Autor soll nicht widersprochen werden. Die Quote erwerbstätiger Frauen ist in der Tat erheblich gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Beschränkung des nachehelichen Unterhalts auf ehebedingte Nachteile. Ebenso haben die Einführung der Elternzeit und der "Mütterrente" erhebliche Erleichterungen und Vorteile für Eltern mit sich gebracht, die jedoch die Einkommensverluste aufgrund von Kinderbetreuung nicht vollständig ausgleichen. Die Zahl der vom Autor genannten arbeitsunwilligen Ehepartner in der gerichtlichen Praxis ist gering. Eher sind es nach längerer Arbeitspause eingeschüchterte Frauen, die der Ermutigung und des rechtlichen Hinweises auf die Einschränkungen des nachehelichen Unterhalts durch den Richter bedürfen.

Eine durchgehende Erwerbstätigkeit von Frauen, wie der Autor sie annimmt, ist in vielen Fällen jedoch nicht gegeben. Meist wird um der Kinder willen die Erwerbstätigkeit der Mutter vorübergehend, wenn schon nicht aufgegeben, so doch dem Umfang nach erheblich eingeschränkt. Ob unser derzeitiges Leitbild, dass auch Frauen mit Kindern uneingeschränkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und der Staat die Kinderbetreuung übernehmen sollte, den Belangen der Familien längerfristig wirklich dient, ist nämlich keinesfalls gewiss. Jedenfalls vereinbaren nicht wenige Ehepaare in Notarverträgen lieber ein Stufenmodell vergleichbar den Erwerbsobliegenheiten nach altem Unterhaltsrecht und wollen gerade nicht, dass die Ehefrau ab dem dritten Lebensjahr des jüngsten Kindes wieder einer vollen Erwerbstätigkeit nachgeht. Aus eigener leidvoller Erfahrung ist jedem Elternteil außerdem vertraut, dass Kindergärten einige Wochen, Schulen aber drei Monate im Jahr Ferien machen; demgegenüber können die Eltern höchstens während der Hälfte der Zeit Urlaub nehmen. Auch die Betreuung des Kindes bei längeren Erkrankungen, erst recht in der jetzigen Corona-Krise, ist durch voll berufstätige Eltern nur schwer zu leisten. Großeltern wohnen nicht immer in der Nähe, sind oft genug noch unternehmungslustig und wollen nicht regelmäßig für die Versorgung der Enkel eingeplant werden.

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