Aus den Gründen: A. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass eine nach § 1684 Abs. 1 BGB titulierte Umgangspflicht eines Elternteils, der einen Umgang mit seinem Kind ablehnt, mit Zwangsmitteln durchgesetzt wird, deren Androhung und Verhängung § 33 Abs. 1 und 3 FGG ermöglicht.

I. 1. a) Mit dem Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2942), das am 1.7.1998 in Kraft trat, ist einem Kind in § 1684 Abs. 1 BGB ein eigenes Recht auf Umgang mit seinen Eltern eingeräumt worden. Zugleich ist in dieser Norm bestimmt, dass die Eltern nicht nur ein Recht zum Umgang mit ihrem Kind haben, sondern dazu auch verpflichtet sind. Über den Umfang, die Ausübung, eine Einschränkung oder einen Ausschluss des Umgangsrechts entscheidet nach § 1684 Abs. 3 und 4 BGB das Familiengericht. § 1684 BGB in den hier maßgeblichen Absätzen lautet:

 (1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

 (3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. …

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

Auf die zwangsweise Durchsetzung des Umgangs, zu dem § 1684 Abs. 1 BGB einen Elternteil verpflichtet, findet § 33 FGG Anwendung. Die Vorschrift in den hier einschlägigen Absätzen lautet:

(1) Ist jemandem durch eine Verfügung des Gerichts die Verpflichtung auferlegt, eine Handlung vorzunehmen, die ausschließlich von seinem Willen abhängt … , so kann ihn das Gericht, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt, zur Befolgung seiner Anordnung durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. …

(3) Das Zwangsgeld (Absatz 1) muss, bevor es festgesetzt wird, angedroht werden. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von fünfundzwanzigtausend EUR nicht übersteigen. …

b) Während des Gesetzgebungsverfahrens war strittig, ob Umgangskontakte mit einem Kind erzwingbar sein sollten. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung war zunächst weder ein Umgangsrecht des Kindes noch eine Umgangspflicht der Eltern enthalten, weil man der Ansicht war, erzwungene Umgangskontakte seien nicht geeignet, dem Kindeswohl zu dienen (BT-Drucks 13/4899, S. 68). Dagegen schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme vor, dem Kind ein eigenes Recht auf Umgang einzuräumen, das dieses jedoch erst ab Vollendung des 14. Lebensjahres und nur höchstpersönlich solle geltend machen können. Eine Vollstreckbarkeit des Umgangsrechts lehnte der Bundesrat allerdings ab, weil ihm Zwangsmittel zur Durchsetzung einer persönlich nahen Beziehung schwer belastend und nicht angemessen erschienen (BT-Drucks 13/4899, S. 153, 161 f.). Der Rechtsausschuss des Bundestags empfahl demgegenüber, das Reformziel, die Rechte des Kindes zu fördern und seine Belange in den Vordergrund zu stellen, mit einem Umgangsrecht des Kindes als einem subjektiven Recht zum Ausdruck zu bringen, ohne dieses Recht an ein Mindestalter zu knüpfen, und Eltern zum Umgang mit dem Kind zu verpflichten. Dies verdeutliche Eltern, dass der Umgang des Kindes mit ihnen für die Entwicklung des Kindes eine herausragende Bedeutung habe. Ein eigenes Umgangsrecht des Kindes bewirke einen Bewusstseinswandel bei den Eltern und entfalte Signalwirkung. Aus diesem Grund und weil eine Verringerung der Durchsetzbarkeit dazu führen könne, dass überhaupt kein Umgang mehr stattfinde, sei auch ein Ausschluss der Vollstreckung nicht vertretbar (BT-Drucks 13/8511, S. 67 f.). Dieser Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses folgte schließlich der Gesetzgeber.

In Rspr. und Literatur ist umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen die elterliche Umgangspflicht zwangsweise gegen den Willen des Pflichtigen durchgesetzt werden darf.

a) Die Oberlandesgerichte gehen überwiegend von der Vollstreckbarkeit gerichtlich ausgesprochener Umgangsverpflichtungen eines Elternteils aus. Sie stützen sich hierbei vor allem auf den Wortlaut von § 1684 BGB und die Gesetzgebungsgeschichte (vgl. neben dem OLG Brandenburg im hier angegriffenen Beschluss: OLG Celle, Beschl. v. 21.11.2000 – 19 UF 253/00, MDR 2001, 395; OLG Köln, Beschl. v. 15.1.2001 – 27 WF 1/01, FamRZ 2001, 1023, Beschl. v. 12.12.2001 – 26 WF 193/01, FamRZ 2002, 979, Beschl. v. 17.12.2002 – 25 UF 227/02, FamRZ 2004, 52; OLG München, Beschl. v. 29.3.2005...

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