I. Vorbemerkung

Das Familienrecht kommt nicht zur Ruhe. Noch ist das am 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrecht nicht verkraftet, werden am 1.9.2009 das große Familiengericht eingerichtet, das Verfahren vollständig aus dem FGG und der ZPO gelöst und im FamFG einer grundlegenden Neuregelung unterworfen. Das Güterrecht wird zum gleichen Stichtag eine Änderung erfahren, die HausratsVO entfällt und die entsprechenden materiellen Normen werden in das BGB integriert. Für alle in Familiensachen tätigen Juristen ist das kaum noch zu stemmen, aber jetzt kommt zum 1.9.2009 auch noch eine grundlegende Änderung des Versorgungsausgleichs.[1] Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich nicht mit der neuen Struktur des Versorgungsausgleichs, der sich – abgesehen von kleineren, noch erforderlichen Nachbesserungen – wesentlich logischer und gerechter darstellt als das System seit dem 1.7.1977. Dass es sich um einen Strukturwandel handelt, zeigt schon der volle Gesetzeswortlaut: Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs. Die Neustrukturierung erfordert es, dass für die Ablösung des bisherigen Systems durch das neue eine Vielzahl von Übergangsvorschriften erforderlich sind und auch, dass so manche Regeln des bisherigen Systems wegfallen oder grundlegend verändert werden. Besonders für die rechtsberatenden Berufe ist die Kenntnis dieser Veränderungen wichtig, um in der noch verbleibenden kurzen Zeit den Mandanten über Vor- und Nachteile zu informieren und mit ihm den zu beschreitenden Weg auszuwählen.

[1] BGBl I v. 8.4.09 S. 700.

II. Änderungen des BGB

War der Versorgungsausgleich bisher in den §§ 1408, 1414 und 1587 ff. BGB geregelt, werden die neuen Strukturen in einem gesonderten Versorgungsausgleichsgesetz geregelt.[2] Der neu gefasste § 1587 BGB stellt in Zukunft nur fest, dass bei Scheidung der Versorgungsausgleich stattfindet für im In- und Ausland bestehende Anrechte und wegen der Einzelheiten wird auf das VersAusglG verwiesen.

[2] Art. 1 VAStrRefG.

1. Änderung des § 1408 Abs. 2 BGB

Auf Anregung des Vermittlungsausschusses war 1976 das Güterrecht durch die Regelung in § 1408 Abs. 2 BGB ergänzt worden. In einem Ehevertrag kann hiernach der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden, wobei a maiore ad minus auch ein Teilausschluss zulässig ist. Die Wirkungen eines solchen Vertrages entfallen jedoch, wenn binnen Jahresfrist ab Vertragsschluss die Ehescheidung beantragt wird. Unstreitig ist, dass auf Grund der Anwendung der ZPO-Vorschriften nur die Rechtshängigkeit des Antrages die Wirkung zeitigen konnte, wenngleich auf Grund von § 167 ZPO diese Wirkung auch eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.[3]

Der § 1408 Abs. 2 BGB wird mit Wirkung vom 1.9.2009 an das VersAusglG angepasst und erhält folgende Fassung:

"Schließen die Ehegatten in einem Ehevertrag Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, so sind insoweit die §§ 6 und 8 des Versorgungsausgleichsgesetzes anzuwenden". Diese Vorschriften ihrerseits bestimmen, dass Vereinbarungen wirksam sind, wenn sie der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle standhalten.

Für Verträge nach § 1408 Abs. 2 BGB gibt es nach dem 31.8.2009 nicht mehr die Möglichkeit, durch Stellung des Scheidungsantrages die Vereinbarung schlicht zu beseitigen. Wenn also derzeit ein Ehegatte ernsthaft die Absicht hat, sich durch einen Scheidungsantrag aus dem Vertrag zu lösen, muss er berücksichtigen, dass der Antrag spätestens am 31.8.2009 gestellt sein muss und die Zustellung demnächst erfolgt. Dies bedeutet, dass kein Antrag auf PKH – zukünftig Verfahrenskostenhilfe – gestellt werden darf, denn die Zustellung erfolgt in diesem Fall erst nach der Bewilligung, also nicht demnächst. Ausreichend wäre aber ein Antrag auf vorläufige Befreiung nach § 14 Nr. 3 GKG. Ob die Jahrestrennungsfrist erfüllt ist oder nicht, ist für die Zustellung ohne Bedeutung, da keine materielle Kontrolle erfolgt. Zu beachten wird aber sein, ob bis zum Ablauf der Jahresfrist noch soviel Zeit verbleibt, dass das FamG und im Rechtsmittel das OLG den Scheidungsantrag als unbegründet abweisen können. Wird nämlich dem Scheidungsantrag letztlich nicht stattgegeben, wird der Vertrag praktisch unanfechtbar und in diesem Fall verbleibt auch nach derzeitigem Recht nur noch die Prüfung der Wirksamkeits- oder Ausübungskontrolle.

[3] FAKomm-FamR/Weinreich/Rehme, 3. Aufl., § 1408 Rn 87 m.w.N.

2. Änderung des § 1414 BGB

Wird in einem Ehevertrag der Zugewinn oder Versorgungsausgleich ausgeschlossen, tritt kraft Gesetzes Gütertrennung ein, sofern die Vertragsschließenden nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbaren. Mit Wirkung vom 1.9.2009 entfällt diese Wirkung bei Ausschluss des Versorgungsausgleichs, denn in § 1408 Abs. 2 BGB wird nur noch auf Vereinbarungen i.S.d. §§ 6 und 8 VersAusglG verwiesen werden. Zukünftig genügt also der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht mehr, um Gütertrennung herbeizuführen, vielmehr ist eine ausdrückliche Vereinbarung notwendig oder es wird der Zugewinn ausgeschlossen.

III. Wichtige Änderungen im SGB VI

1. Rentnerprivileg (§ 101 SGB VI)

Auf Grund der Strukturänderung des Versorgungsausgleichs werden mehrere Vorschriften der neuen Rechtslage angepasst. Eine der i...

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