Für die inhaltlichen Voraussetzungen der Abänderung einer Jugendamtsurkunde, ist nach einmütiger Meinung, weil es sich nicht um einen rechtskraftfähigen Titel handelt, nicht die Bestimmung des § 323 ZPO (§ 238 FamFG) mit ihren weiteren Voraussetzungen maßgebend, sondern das materielle Recht (§ 239 Abs. 2 FamFG).

Auf Seiten des Gläubigers ist zu fragen, ob dieser stets den gesetzlichen Unterhalt nach den gegenwärtigen Verhältnissen verlangen kann. Dies ist zu bejahen auf dem Boden der Ansicht, wonach die Jugendamtsurkunde lediglich von einem angenommenen gesetzlichen Unterhaltsanspruch ausgeht, der vom Schuldner ohne Anerkenntnis vollstreckbar gestellt wird.[37] Wenn der Schuldner eine Erklärung ohne materiellrechtlichen Gehalt abgibt, bleibt auch für eine rechtsgeschäftliche Bindung des Gläubigers kein Raum.

Die Parteien können sich jedoch über den in der Jugendamtsurkunde titulierten Unterhalt ausdrücklich oder schlüssig geeinigt haben. In diesem Fall ist auch der Gläubiger an den Vertrag gebunden. Er kann dann einen höheren Unterhalt nur unter den Voraussetzungen der Regeln der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verlangen.[38]

Eine Einigung kann auch daraus entnommen werden, dass der Unterhaltsberechtigte oder das Jugendamt als dessen Vertreter den Schuldner zur Titulierung eines bestimmten Unterhaltsbetrags auffordert, den dieser daraufhin in einer Jugendamtsurkunde tituliert.[39]

Gleich bleibt, ob die Einigung der Parteien schon im Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunde oder danach zu Stande gekommen ist; denn für die Begründetheit der Abänderungsklage sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend. Eine Einigung kann indes nicht ohne weiteres daraus entnommen werden, dass der Gläubiger den gem. der Jugendamtsurkunde gezahlten Unterhalt widerspruchslos entgegennimmt. Wenn er dies aber über einen längeren Zeitraum, etwa ein Jahr, tut, können wegen der Nachforderung von Unterhalt aufseiten des Gläubigers die Voraussetzungen der Verwirkung (§ 242 BGB) erfüllt sein.[40] Ein Verzicht auf Unterhalt wird im Allgemeinen nicht anzunehmen sein.

Fehlt eine Einigung der Unterhaltsparteien, kann der Gläubiger uneingeschränkt den gesetzlichen Unterhalt nach den Verhältnissen im Unterhaltszeitraum verlangen.[41]

[37] Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rn 26.3.
[38] BGH FamRZ 2004, 24 = NJW 2003, 3770; FamRZ 2009, 314 = NJW 2009, 1410.
[39] Der BGH braucht in seiner neuen Entscheidung (Fall FamRZ 2009, 314 = NJW 2009, 1410) dies nicht zu entscheiden, weil das in der Aufforderung liegende Angebot vor der Annahme widerrufen worden war.
[40] Zu den Voraussetzungen der Verwirkung BGH FamRZ 2007, 453 = NJW 2007, 1273.
[41] BGH FamRZ 2004, 24 = NJW 2003, 3770; FamRZ 2009, 314 = NJW 2009, 1410.

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