In dieser – für die amtliche Sammlung bestimmten – Entscheidung ging es um Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB für die Zeit ab Mai 2006; die Klägerin machte einen Betrag von monatlich 908,00 EUR geltend. Sie leitete ihren Unterhaltsbedarf vom Einkommen des Beklagten ab und machte Elementarunterhalt in Höhe von 765,00 EUR und Krankenvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 143,00 EUR geltend. Das AG gab der Klage nur wegen eines Verzugsschadens in Höhe von insgesamt 209,96 EUR statt und wies sie im Übrigen ab. Auf die Berufung der Klägerin wurde ihr vom OLG für die Zeit von Mai 2006 bis Januar 2007 Unterhalt in Höhe von insgesamt 6.282,00 EUR (9 × 751,00 EUR abzgl. Überzahlung) zugesprochen, im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin, mit der sie auch weiterhin laufenden und unbefristeten monatlichen Unterhalt ab Mai 2006 in Höhe von 908,00 EUR (abzüglich der für Mai bis Juli 2006 verrechneten Überzahlung) begehrte, blieb ohne Erfolg.

Im Vordergrund der Entscheidung stehen Ausführungen des BGH zur Annahme eines Mindestbedarfs. Der BGH führt zunächst aus, dass sich das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten bestimme, aber – anders als beim Trennungs- oder nachehelichen Unterhalt – keine Bestimmung durch die ehelichen Lebensverhältnisse stattfinde, also die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils für die Bedarfsbemessung grundsätzlich ohne Bedeutung seien. Ausschlaggebend sei vielmehr, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Elternteils bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes entwickelt hätten. Im Falle einer vorangegangenen Erwerbstätigkeit bemesse sich die Lebensstellung nach dem bis dahin nachhaltig erzielten Einkommen; im entschiedenen Fall liege dafür nichts vor. Weil der Partner seine Leistungen vor Beginn des Mutterschutzes jederzeit einstellen könne und das Gesetz außerhalb von Verwandtschaft und Ehe nur den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB vorsehe, sei der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohne gemeinsames Kind erreichte tatsächliche Lebensstandard nicht geeignet, eine Lebensstellung für den späteren Unterhaltsanspruch zu begründen. Der Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sehe – im Gegensatz zum nachehelichen Unterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) – gerade keinen Aufstockungsunterhalt vor, der den Bedarf nach den eigenen Verhältnissen des Unterhaltsberechtigten nach Maßgabe eines von einem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs erhöhe. Etwas anders komme auch dann nicht in Betracht, wenn aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mehrere gemeinsame Kinder hervorgegangen seien. Auch dann sei für einen späteren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 S. 2 BGB auf die Verhältnisse bei Geburt des ersten Kindes abzustellen. Diese Verhältnisse bestimmten zunächst – unabhängig von darüber hinausgehenden freiwilligen Leistungen – als Lebensstellung des Berechtigten die Höhe des Unterhaltsbedarfs während der Erziehung und Betreuung des ersten Kindes. Dieser Unterhaltsbedarf wiederum bestimme als Lebensstellung des Berechtigten regelmäßig auch den Bedarf nach der Geburt des weiteren Kindes. Ein Anspruch aus Anlass der Betreuung und Erziehung dieses weiteren Kindes könne nur dann auf einen höheren Unterhaltsbedarf gerichtet sein, wenn der betreuende Elternteil zwischenzeitlich (z.B. durch ein nachhaltig gesichertes höheres Einkommen) eine höhere Lebensstellung erworben habe.[2] Da im entschiedenen Fall kein höherer Lebensbedarf konkret feststellbar sei, könne nur von einem Mindestbedarf der Kindesmutter ausgegangen werden. Unter Darlegung des bisherigen Meinungsstreits in Rechtsprechung und Literatur begründet der BGH im Einzelnen, warum nach seiner Ansicht ein Mindestbedarf anzunehmen sei:

  • Ein Unterhaltsbedarf unterhalb des Existenzminimums würde die im Einzelfall notwendige persönliche Betreuung des Kindes nicht sicherstellen;
  • auch Unterhaltsberechtigten mit geringen Einkünften (Bezug von Sozialleistungen) stehe ein Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums zu;
  • in § 1612a BGB sei inzwischen ein Mindestunterhalt für minderjährige Kinder eingeführt worden, und der Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder gehe nach § 1609 Nr. 1 BGB allen anderen Unterhaltsansprüchen vor. Die Höhe des Bedarfs nachrangiger Berechtigter habe deshalb auf die Leistungsfähigkeit für den Unterhalt minderjähriger Kinder keine Auswirkungen mehr.
  • Der Grundsatz der Halbteilung stehe einem Mindestbedarf beim Betreuungsunterhalt nicht entgegen.
  • Abzulehnen sei auch das Argument, dem Elternteil eines nichtehelich geborenen Kindes könne kein höherer Bedarf zustehen als einem ein gemeinsames Kind betreuenden geschiedenen Ehegatten.

Für den Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums sei nicht auf den Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen abzustellen, sondern auf den notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätige...

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