Britta Schönborn

Die Anwaltschaft sieht sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Von Nachwuchsschwierigkeiten über Digitalisierung bis hin zur Nutzung künstlicher Intelligenz – Familienanwälte stehen vor bedeutenden Veränderungen.

Eines der zentralen Probleme, dem wir uns gegenübersehen, ist der Mangel an anwaltlichem wie nichtanwaltlichem Nachwuchs. Wie schaffen wir es, junge Kolleginnen und Kollegen von unserem Beruf zu begeistern, ebenso potentielle Auszubildende im nichtanwaltlichen Bereich? Zugegeben, Nachwuchsschwierigkeiten gibt es überall. Die komplexen sozialen und emotionalen Aspekte des Familienrechts verbunden mit – verglichen mit anderen Rechtsgebieten – deutlich anderen Verdienstaussichten erschweren die Entscheidung für eine Karriere im Familienrecht. Es braucht gezielte Werbung für unseren Beruf, Mentoring und attraktive Aus- und Fortbildung für angehende Familienrechtler/-innen, um Nachwuchs zu finden, zu fördern und dazu beizutragen, dass Rechtsuchende auch zukünftig qualifizierte familienrechtliche Unterstützung erhalten.

Qualifiziertes Personal zu finden und zu halten wird immer schwieriger. Der Mangel an Fachkräften erhöht die eigene Belastung und kann die Qualität der eigenen Leistung beeinträchtigen. Wir müssen kreative Strategien entwickeln, um engagierte Mitarbeitende zu gewinnen und zu binden.

Die fortschreitende Digitalisierung verändert unsere Arbeitsweise. BeA, E-Akte, Kommunikation vorwiegend per E-Mail sowie Besprechungen und Verhandlungen per Video-Call haben sich in kurzer Zeit etabliert. Nicht allen fällt es leicht, mit dieser Entwicklung mitzukommen. Vertraute Programme und Arbeitsabläufe erweisen sich als nicht mehr zeitgemäß und es braucht Zeit für Umstrukturierungsmaßnahmen und Optimierung von Arbeitsabläufen. Statt Arbeitserleichterung durch die modernen Technologien empfinden viele zusätzlichen Druck und Unsicherheit sowie Überforderung bei der Bewältigung der notwendigen Weiterentwicklung. Gute Fortbildung in diesem Bereich und ein Austausch über gelungene Digitalisierung mit anderen Kollegen/Kolleginnen führt zu einer Entlastung und ermöglicht auch, den Mangel an nichtanwaltlichen Mitarbeitern durch Einsatz guter Technik zu kompensieren.

Die sich rasant entwickelnde künstliche Intelligenz ist offenbar Fluch und Segen zugleich. Schon jetzt wird deutlich, dass KI Aufgaben automatisieren und die Effizienz steigern kann. Andererseits besteht die Gefahr, dass anwaltliche Dienstleistungen durch die Nutzung frei zugänglicher KI ersetzt und überflüssig werden. Möglicherweise werden in naher Zukunft mit Hilfe von KI erstellte anwaltliche Schriftsätze eine Qualität haben, die unsere individuellen anwaltlichen Fähigkeiten, Qualifikation und Fortbildung nivellieren und damit eine kompetente anwaltliche Vertretung deutlich abwerten könnten. Ich bin zwar der Überzeugung, dass die emotionale Intelligenz und Empathie eines echten Menschen gerade im Familienrecht nicht vollständig durch KI ersetzbar sind. Es lässt sich aber sicher darüber diskutieren, welche Bedeutung die Persönlichkeit eines "echten Anwalts" in einer zunehmend digital geprägten Welt noch haben wird oder ob die anwaltliche Dienstleistung zukünftig sogar besser und auf die Bedürfnisse des Einzelnen perfekt angepasst durch eine(n) KI-generierten Beratende(n) erbracht wird.

Fest steht folgendes: Unsere Zukunft als Familienanwälte wird von weiteren personellen wie technischen Entwicklungen geprägt sein und wir müssen uns an diese anpassen oder besser noch diese mitgestalten.

Mit unserer diesjährigen Mitglieder-Umfrage sowie Veranstaltungen beim DAT und unserer Herbsttagung wollen wir uns diesen Themen widmen und unsere Mitglieder dabei unterstützen "vor die Welle zu kommen" statt gefühlt von ihr hinweggespült zu werden.

Als Mitglieder einer starken Arbeitsgemeinschaft können wir Wissen, Ideen und Erfahrungen austauschen und gemeinsam die anstehenden Herausforderungen bewältigen.

Autor: Britta Schönborn

Britta Schönborn, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Hamburg

FF 4/2024, S. 133

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