Mit der Neuregelung zur Stiefkindadoption kommt der Gesetzgeber dem Auftrag des BVerfG zur Beseitigung der Benachteiligung der Kinder durch die Ermöglichung der Stiefkindadoption in nichtehelichen Lebensgemeinschaften inhaltlich im vollen Umfang nach.

Maßgeblich für die rechtspolitisch zu entscheidende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen wem eine Adoption eröffnet werden soll, muss das Kindeswohl sein. Gesetzgeberisches Tätigwerden ist dabei also vorrangig an den Belangen der betroffenen Kinder auszurichten. Gleichbehandlungsgesichtspunkte der Adoptivbewerber haben hinter entgegenstehenden gewichtigen Belangen des Kindeswohls zurückzutreten.

Das Kindeswohl verbietet die Adoption in unsichere Familienkonstellationen.

Die Stabilitätskriterien der Neuregelung sind im Wesentlichen geeignet, eine Kindeswohldienlichkeit zu gewährleisten und eröffnen die Stiefkindadoption in nichtehelichen Lebensgemeinschaften.

Das Zusammenleben mit einem gemeinsamen Kind allein kann die Erwartung der Beständigkeit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kaum begründen.

Sind bereits gemeinsame Kinder vorhanden, muss den nichtehelichen Lebenspartnern für diese die elterliche Sorge gemeinsam zustehen, um eine Stiefkindadoption auszusprechen.

Der Begriff der "verfestigten Lebensgemeinschaft" ist wegen der unauflösbaren Unterschiede zu § 1579 Nr. 2 BGB für das Adoptionsrecht ungeeignet und hätte ersetzt werden sollen.

Ein gemeinsamer Haushalt der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist zur Gewährleistung einer kindeswohldienlichen Stiefkindadoption jedenfalls insoweit erforderlich, als ein gemeinsames Familienleben stattfinden muss.

Die Geltung des deutschen Adoptionsrechts für Inlandsadoptionen mit Auslandsbezug ist praxisgerecht und zu befürworten.

Eine allgemeine Gleichstellung im Adoptionsrecht von nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Ehen ist nicht angezeigt.

Eine generelle Eröffnung der Alleinadoption eines fremden Kindes durch nur einen Ehegatten widerspricht den Belangen des Kindes. Entsprechenden Forderungen sollte daher auch zukünftig nicht nachgekommen werden.

Eine gemeinschaftliche Fremdkindadoption durch nichteheliche Lebenspaare ist grundsätzlich nicht erforderlich. Ob insoweit für Kinder in bereits länger andauernder Familienpflege eine Sonderregelung erfolgen sollte, ist rein auf gesellschaftspolitischer Ebene zu entscheiden und bedarf eines ausführlichen Diskurses.

Autor: Gernot Kintzel, Richter am OLG Bamberg[1]

FF 4/2020, S. 135 - 146

[1] Der Verfasser ist stellv. Vorsitzender des 2. Zivilsenats (Familiensenat) am Oberlandesgericht Bamberg und war Sachverständiger in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (AfRuV) des Deutschen Bundestages am 29.1.2020 zum Thema "Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien/modernes Adoptionsrecht schaffen".

Der Beitrag beruht auf der Stellungnahme des Verfassers zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 19/15618 – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.3.2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien) und zum Antrag der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, … und der Fraktion der FDP (BT-Drucks 19/15772 – Modernes Adoptionsrecht schaffen – Gemeinsame Adoption für nichteheliche Paare sowie Einzeladoption für Ehegatten ermöglichen)

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