Durch eine vom BVerfG[22] bestätigte Grundsatzentscheidung hat der BGH[23] klargestellt, dass in den Fällen, in denen der in der Ehe haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt oder erweitert, das daraus erzielte (oder erzielbare) Einkommen die ehelichen Lebensverhältnisse ebenfalls prägt, weil dieses Einkommen als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes der früheren Haushalts- und Erziehungstätigkeit anzusehen ist.[24] Dogmatisch ist diese Änderung der Rechtsprechung sicherlich schon deshalb zweifelhaft, weil im Ergebnis eine Hausfrauen-Ehe nachträglich zur Doppelverdiener-Ehe gemacht wird.[25] Zu rechtfertigen ist es wohl nur dann, wenn man – unter Anwendung des Latenz-Prinzips – im Ergebnis jede Hausfrauen-Ehe als eine nur vorübergehend unterbrochene Doppelverdiener-Ehe ansieht.[26] Schließlich liegt eine Schwäche der Surrogat-Rechtsprechung auch darin, dass sie – mit dem (erreichten) Ziel des Methodenwechsels von der Anrechnungs- zur Differenzmethode – im Wesentlichen vom Ergebnis her argumentiert; deshalb wird konsequenterweise auch keine Bewertung der früheren Hausfrauen-Tätigkeit in Geld vorgenommen.[27]

Als Ergebnis ist jedenfalls festzuhalten, dass die Surrogat-Rechtsprechung die Haushaltsführung (mit und ohne Kindesbetreuung) des früher nicht erwerbstätigen Ehegatten der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten gleichstellt, weil beide Tätigkeiten den sozialen Standard der Ehe erhöhen und die wirtschaftlichen Verhältnisse verbessern. Die frühere Arbeit in der Familie ist immer dann bedarfsprägend, wenn als Surrogat an ihre Stelle später eine Erwerbstätigkeit tritt, ohne dass es insoweit auf einen entsprechenden früheren Lebensplan ankäme.[28]

Der BGH hat diese Rechtsprechung später noch auf andere Fallgestaltungen ausgeweitet, z.B. auf Renteneinkünfte, auch aus dem Versorgungsausgleich,[29] auf Zugewinnausgleichseinkünfte[30] sowie auf Einkommen wegen der Versorgung eines neuen Partners.[31]

[22] BVerfG NJW 2002, 1185 = FamRZ 2002, 527 mit Anm. Scholz.
[23] BGH NJW 2001, 2254 mit Anm. Büttner S. 3244 = FamRZ 2001, 986 mit Anm. Scholz S. 1061 und Luthin S. 1065 = FF 2001, 135 mit Anm. Miesen S. 140 und Born S. 183; s. dazu Graba, FPR 2002, 48.
[24] Stellt das Einkommen dagegen kein Surrogat dar, muss es bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse im Regelfall außer Betracht bleiben, BGH NJW 1981, 1609; 1982, 1873; 1985, 1026; FamRZ 1986, 783; 1988, 145.
[25] Kritisch deshalb Graba, FF 2008, 437, 441, Heft 11 unter III. 2 b).
[26] Born, NJW 2008, 3089, 3093 unter 3.
[27] Born, FF 2001, 183, 186 unter Hinweis auf die dadurch ausgeschlossene "Schlampen-Einrede".
[28] Palandt/Brudermüller, § 1578 Rn 31.
[31] BGH NJW 2004, 2303; 2004, 2305; 2001, 3779.

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