PKH-Verfahren haben Besonderheiten. Die zusätzlich liquidierbare Verfahrensgebühr gem. Ziff. 3335 KV RVG ist ein gesetzlicher Hinweis auf den Mehraufwand. Dieser beginnt für den PKH-Antragstellervertreter in der Regel links unten im amtlichen Antragsformular. Dort reicht der Platz in dem Feld F 3 für "Sonstige Versicherung" selten aus. Wird dieser Vorsorgeaufwand aber vollständig belegt, gibt es oft PKH in Fällen, in denen man es zunächst nicht für möglich gehalten hätte.

Steht die Klage oder der Antrag zur Einreichung, dann kann die prozessarme Partei oft die Gerichtskosten für die erforderliche oder wünschenswerte Zustellung nicht vorlegen. Unterhaltsabänderung gibt es aber regelmäßig erst ab Zustellung, § 323 Abs. 3 ZPO; Scheidungsanträge, zumindest aber Anträge auf vorzeitigen Zugewinnausgleich sollten in Fällen der Manipulationsgefahr bis zum Berechnungsstichtag kommen wie der Blitz aus heiterem Himmel. In solchen Sachen ist bei Vermeidung eines Regresses die gerichtskostenfreie Zustellung gem. § 14 Ziff. 3 b GKG zu beantragen. Zur Glaubhaftmachung des sonst zu befürchtenden Verzögerungsnachteils genügt die einfache Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.

Ist das Verfahren beendet, stellt sich die Frage des Umfangs der Kostenerstattung. Damit befassen sich die obigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Nürnberg und Koblenz, die mit teils deckungsgleichen Begründungen zu demselben Ergebnis kommen: Trotz ratenzahlungsfrei bewilligter PKH geht der Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsvergütungen gegen die unterlegene Partei auf die Staatskasse über, wenn sie der gewinnenden Partei die Anwaltsgebühren per PKH erstattet hat. Dasselbe muss auch gelten, wenn die obsiegende Partei die Festsetzung direkt gegen den Verlierer beantragt hat – was in der Praxis oft unterbleibt, weil vom Verlierer, dem PKH ohne Raten bewilligt war, in der Regel ja nichts zu holen ist.

Zunächst erschließt es sich gar nicht, warum denn die unterlegene Partei im Zivilprozess nicht immer zur vollständigen Kostenerstattung aller Anwalts- und Gerichtskosten verpflichtet sein soll. Das ist doch ein Grundsatz unseres Zivilprozesses und in § 91 Abs. 1 ZPO ausdrücklich für den Regelfall so bestimmt. Für PKH-Fälle ohne Ratenzahlungsanordnungen gelten jedoch Besonderheiten. Den Einstieg liefert die Entscheidung BVerfG 1 BvR 984/89 v. 23.6.1999, NJW 1999, 3186; FamRZ 2000, 474. Dort hatte die Verfassungsbeschwerde eines Beklagten Erfolg. Gegen ihn waren nach verlorenem Prozess, für den ihm PKH ohne Nachzahlungsanordnung bewilligt war, nicht nur die außergerichtlichen Auslagen, sondern auch klägerseits vorgelegte Gerichtskosten festgesetzt worden. Das Argument: Der Kläger, der PKH ohne Raten bewilligt bekommt, muss im Falle des Unterliegens keine Gerichtskosten nachzahlen, damals: § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG, jetzt § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Das BVerfG hatte der Beschwerde stattgegeben. Begründung: Die vom Gesetzgeber eingeräumte Prozesskostenfreiheit muss der unbemittelten Partei ungeachtet ihrer prozessualen Stellung als Kläger oder Beklagter zugute kommen. Der PKH-Kläger hätte ja keine Gerichtskosten vorlegen müssen und sein Kontrahent wäre gem. § 122 Abs. 2 ZPO für den Fall ratenfreier PKH auf Klägerseite von Gerichtskostenvorschüssen befreit gewesen. Also wäre es ein Verstoß gegen Art. 3 GG, im umgekehrten Fall den Beklagten in die Gerichtskostenhaftung zu nehmen, und das sei auch nicht zulässig über den Umweg der Kostenfestsetzung zu Gunsten des Klägers für dessen vorgelegte Gerichtskosten. Das BVerfG hat konsequent den damaligen § 58 GKG (alt) dahingehend ausgelegt, dass der darin enthaltene Haftungsausschluss sämtliche, also auch die bereits gezahlten Gerichtskostenvorschüsse umfasst und § 2 Abs. 4 GKG (alt) analog dahingehend auszulegen sei, dass der Kläger statt des Gerichtskostenerstattungsanspruchs gegen den prozessarmen Beklagten einen Anspruch gegen die Staatskasse habe. Diese Auslegung des BVerfG hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des GKG in den jetzigen Fassungen der §§ 2 Abs. 5, 31 Abs. 3 GKG berücksichtigt.

Im Ergebnis bleibt also die prozessarme Partei von Gerichtskosten verschont (Ausnahme: Besondere Vergütung gem. § 13 Abs. 3 JVEG, also bspw. Sachverständigenvergütungen, wenn man vorher der Erhöhung zugestimmt hat, § 31 Abs. 3 ZPO). Was ist jetzt mit dem Auslagenerstattungsanspruch gegen die prozessarme Partei, insbesondere natürlich hinsichtlich der Anwaltsgebühren der Gegenseite? Kann es dabei einen Unterschied machen, ob die gegnerische Prozesspartei selbst die Kostenfestsetzung betreibt oder ob die Staatskasse der obsiegenden Partei die Anwaltsgebühren erstattet hat, weil diese gleichfalls PKH bewilligt bekommen hatte?

Die beiden obigen Entscheidungen haben – konkret für Fälle beiderseits ratenfrei bewilligter PKH – die Kostenfestsetzung von Anwaltskosten, die der obsiegenden Partei aus der Staatskasse gezahlt wurden, gegen die unterlegene Partei zugelassen. Nach diesseitiger Auffassung vollkommen ...

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