Die Entscheidung des OLG Celle verdient Aufmerksamkeit. Dies gilt sowohl im Hinblick auf verfahrensrechtliche Aspekte als auch betreffend die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss.

I. Verfahrensrechtliche Aspekte

Gerade in familiengerichtlichen Verfahren wird häufig Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragt. VKH ist jedoch gegenüber einem Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses (VKV) subsidiär. Deshalb wird von den Familiengerichten vor Bewilligung von VKH anwaltlicher Vortrag zur Möglichkeit eines VKV-Anspruches verlangt.

Die anwaltliche Vertretung sollte aber unabhängig davon schon im eigenen Interesse die Möglichkeit eines VKV-Anspruches prüfen, da dies ein erheblich höheres Gebührenaufkommen zur Folge hat.

Ungewöhnlich ist, dass die Antragstellerin ihren VKV-Anspruch in einem Hauptsacheverfahren geltend gemacht hat. Üblicherweise werden derartige Anträge im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach §§ 49 ff., 246 Abs. 1 FamFG geltend gemacht, da dies schneller und effektiver zum Erfolg führt; insbesondere sind gegen Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnungen keine Rechtsmittel möglich, vgl. § 57 S. 1 FamFG.[2] Im Verfahren beim OLG Celle hat aber die anwaltliche Vertretung so gesehen mit dem Hauptsacheverfahren alles richtig gemacht, da erstinstanzlich der Anspruch auf VKV abgewiesen wurde und erst mittels Beschwerde der Anspruch durchgesetzt werden konnte.

Schließlich ist noch erwähnenswert, dass der Antragsgegner neuen Vortrag der Antragstellerin zur Verwertung von Vermögen im Beschwerdeverfahren als "verspätet" gerügt hatte; seiner Meinung nach hätte dies bereits in erster Instanz vorgebracht werden müssen. Maßgeblich dafür ist jedoch die Vorschrift des § 115 FamFG, die nur in Ausnahmefällen eine Zurückweisung erlaubt. § 115 FamFG ist lex specialis gegenüber §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. 296 ZPO. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass in Familienstreitsachen (natürlich auch in erster Instanz) eine Zurückweisung von neuem Vortrag nur in Betracht kommt, wenn die Zulassung des Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.[3] Selbst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, steht die Zurückweisung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.[4] Dazu hat das Beschwerdegericht den betroffenen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das OLG Celle setzt sich demzufolge mit dem Verspätungsvorwurf nur sehr knapp auseinander, in dem darauf hingewiesen wird, dass in der Beschwerdeinstanz neuer Vortrag unproblematisch möglich ist, da es sich nach § 65 Abs. 3 FamFG um eine zweite Tatsacheninstanz handelt, in der neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden können.

II. Voraussetzungen des VKV-Anspruchs

Gesetzliche Grundlage des Anspruchs auf VKV ist § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB; damit ist der Anspruch Bestandteil des Familienunterhalts, aber auch über die Verweisung in § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB des Trennungsunterhalts. Dies bedeutet, dass nach Scheidung der Ehe der Anspruch endgültig erlischt.[5] Der Anspruch besteht selbstständig neben der Zahlung einer laufenden Geldrente, d.h. es handelt sich um einen unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf.

Der Vorschusscharakter hat zur Folge, dass VKV nur vor und während eines Verfahrens, jedoch nicht mehr nach dessen Abschluss zugestanden werden kann.[6]

Der Anspruch setzt nach §§ 1361 Abs. 4 S. 1, 1360a Abs. 4 S. 4 BGB voraus, dass ein Ehegatte nicht in der Lage ist, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen (Bedürftigkeit), der eine persönliche Angelegenheit betrifft. Die Inanspruchnahme des Antragsgegners muss im Übrigen der Billigkeit entsprechen. Das Kriterium der Billigkeit hat zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners gegeben sein muss sowie die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung.[7] Im Übrigen darf die Verfahrensführung auch nicht mutwillig sein.[8] Die Darlegungs- und Beweislast für die Bedürftigkeit sowie die Billigkeit hat dabei der Antragsteller zu tragen.

1. Persönliche Angelegenheit

Die Antragstellerin wollte mit dem Verfahrenskostenvorschuss ein Verfahren auf Trennungsunterhalt gegen den Antragsgegner finanzieren. Familienrechtliche Streitigkeiten im Sinne von § 111 FamFG sind grundsätzlich als persönliche Angelegenheit anzusehen.[9]

2. Bedürftigkeit

Das OLG Celle arbeitet in Übereinstimmung mit Literatur und Rechtsprechung heraus, dass Maßstab für die Bedürftigkeit nicht die §§ 114 ff. ZPO sind.[10] Die Antragstellerin bekam nur eine kleine Rente und hatte kein Einkommen. Streitig war aber, inwieweit es ihr möglich war, Vermögen einzusetzen.

Das OLG Celle geht zum einen davon aus, dass es auf eine "individuelle Bedürftigkeit" ankommt, an welche umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je höher die Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten aus dessen Erwerbseinkommen und Vermögen ist; zum anderen wird für die Obliegenheit zur Vermögensverwertung wertend auch in der Trennungsphase die Vorschrift des § 1577 BGB h...

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