1. Das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) ist Freiheitsrecht im Verhältnis zum Staat, der in das Erziehungsrecht der Eltern nicht ohne rechtfertigenden Grund eingreifen darf. In der Beziehung zum Kind bildet aber das Kindeswohl die maßgebliche Richtschnur der elterlichen Pflege und Erziehung.

2. Die Entscheidung über die Vornahme von Impfungen bei entwicklungsbedingt noch nicht selbst entscheidungsfähigen Kindern ist ein wesentliches Element der elterlichen Gesundheitssorge und fällt in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Bei der Ausübung der am Kindeswohl zu orientierenden Gesundheitssorge für ihr Kind sind die Eltern jedoch weniger frei, sich gegen Standards medizinischer Vernünftigkeit zu wenden, als sie es kraft ihres Selbstbestimmungsrechts über ihre eigene körperliche Integrität wären.

3. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG wird nicht vom Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG erfasst.

BVerfG, Beschl., v. 21.7.2022 – 1 BvR 469/20, 1 BvR 470/20, 1 BvR 471/20, 1 BvR 472/20

 

Anm. der Red.: Die Entscheidung ist abgedruckt in FamRZ 2022, 1690. Vgl. auch die Pressemitteilung des BVerfG Nr. 72/2022 v. 18.8.2022, abgedruckt in FF 2022, 426.

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