Die Rechte des Kindes zu stärken und zu verwirklichen, ist am besten erreichbar, wenn sich die Erwachsenen einfühlsam der Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen des Kindes annehmen, dessen Willen zur Kenntnis nehmen und eine am Wohlergehen des Kindes orientierte Lösung anstreben.

Dieses grundlegende Konzept der "Intersubjektivität" entspricht heute mehr denn je einem psychologischen Grundverständnis im professionellen Umgang mit Menschen, über diese nach Möglichkeit nicht zu befinden, sondern mit ihnen Lösungen zu diskutieren und anzustreben.[4]

Diese Überzeugung, mit den Beteiligten eine Lösung anzustreben, und nach Möglichkeit nicht über diese eine Entscheidung zu treffen, und hierbei auch ein besonderes Augenmerk auf die Belange des Kindes zu richten, ist mittlerweile im Zuge der Kindschaftsrechtsreform vom 1.7.1998 eine fachliche Evidenz und bereits heute schon im geltenden Recht, beispielsweise in dem richtungweisenden § 52 FGG wiederzufinden:

Dort ist in § 52 Abs. 1 S. 1 FGG festgelegt, dass in einem die Person eines Kindes betreffenden Verfahren das Gericht so früh wie möglich und in jeder Lage des erfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken soll. Es soll die Beteiligten anhören und auf bestehende Möglichkeiten der Beratung durch Beratungsstellen und -dienste der Träger der Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hinweisen. Nach § 52 Abs. 2 FGG kann das Familiengericht sogar das Gerichtsverfahren aussetzen, wenn dies nicht zu einer für das Kindeswohl nachteiligen Verzögerung führt und wenn die Beteiligten bereit sind, außergerichtliche Beratung in Anspruch zu nehmen oder nach freier Überzeugung des Gerichts Aussicht auf Einvernehmen der Beteiligten besteht. Im letzteren Fall soll das Gericht den Beteiligten (nochmals) nahe legen, eine außergerichtliche Beratung in Anspruch zu nehmen (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz FGG).

Darüber hinaus soll nach § 52a FGG das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils zwischen den Eltern vermitteln, wenn ein Elternteil geltend macht, dass der andere Elternteil die Durchführung einer gerichtlichen Verfügung über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind vereitelt oder erschwert (§ 52a Abs. 1 S. 1 FGG).

Ganz eindeutig wird somit vom Familiengericht zunächst eine vermittelnde, also im Kernbereich auch eine mediative Vorgehensweise mit den betreffenden Personen erwartet, bevor gegebenenfalls ein erneuter gerichtlicher Beschluss gefasst wird (§ 52a Abs. 5 FGG).

Diese schwierige Aufgabe einer Konfliktregulierung unter Beteiligung aller Familienangehörigen – und gegebenenfalls auch der Pflegefamilie – wird nur gelingen, wenn sich Eltern, Rechtsanwälte, Mitarbeiterin im Jugendamt, Verfahrenspfleger und gegebenenfalls auch der psychiatrische oder psychologische Sachverständige und die Richterin bemühen, auch mit dem Kind eine Klärung aller schwierigen Fragen herbeizuführen; so sollten sie beispielsweise den Aufenthalt und damit den Wohnsitz oder auch die beiden Wohnsitze des Kindes bestimmen oder die Kontakte zu dem Elternteil stabilisieren, bei dem sich das Kind nicht überwiegend aufhält, und die Besuchskontakte (Umgang nach § 1684 BGB) zu diesem und zu allen anderen bedeutsamen Personen des Kindes festlegen, die im § 1685 BGB genannt sind.

Aus der Erkenntnis, dass ungelöste Familienkonflikte außerordentlich bedeutsame Risikofaktoren für Kinder und Eltern beinhalten, wurden in den letzten Jahren spezielle Beratungs- und Interventionsmodelle entwickelt.

Eine Mediation, Beratung, Familientherapie oder Psychotherapie mit dem Elternpaar, der Familie, mit einzelnen Personengruppen, die Subsysteme der Familie darstellen, oder mit der gesamten Familie kommt häufig erst dann zustande, wenn dysfunktionale Abläufe in der Interaktion und Kommunikation ein weiteres sinngebendes Beieinanderbleiben und Zusammensein im Paar- oder Familienverband erschweren oder unmöglich machen.

Dabei umfasst die psychologische oder sozialpädagogische Beratung in ihrer ursprünglichsten Form Informationen und Klärungshilfe.

Erziehungsberatung und Familientherapie im Sinne familienorientierter Interventionen beinhalten zunächst gleichermaßen die Behebung oder Reduzierung psychischer, psychosomatischer oder psychosozialer Symptome, Störungen oder Dysfunktionen anderer Art durch Bereitstellung von Wissen und Erweiterung der Handlungskompetenzen mit dem Ziel der Nutzbarmachung vorhandener Ressourcen und Entwicklungs- sowie Bewältigungspotentiale in unterschiedlichen Lebensbereichen und Lebensphasen sowie das Möglichmachen neuer Handlungsalternativen.

[4] Balloff, FPR 2002, 240–245.

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