I. [1] Die Antragstellerin begehrt die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung im Geburtenregister.

[2] Für die im Jahr 1963 geborene Antragstellerin ist im Geburtenregister kein Vater eingetragen. Ihre Mutter verstarb im Jahr 2004. Mit notarieller Urkunde vom 8.10.2021 erkannte der im Jahr 2022 verstorbene Dr. H. die Vaterschaft an. Mit notarieller Urkunde vom 12.11.2021 erteilte die Antragstellerin ihre Einwilligung in die Vaterschaftsanerkennung. Das Standesamt äußerte im Hinblick auf die Regelung in § 1595 Abs. 1 BGB Zweifel an der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung und legte die Sache gemäß § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht vor.

[3] Das Amtsgericht hat angeordnet, dass in dem "Geburtenbuch/-registereintrag […] die Vaterschaftsanerkennung nicht beizuschreiben" ist. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

[4] Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

[5] 1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2023, 708 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

[6] Nach dem Tod der Kindesmutter komme eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr in Betracht. Die Argumentation der Gegenauffassung, eine zeitnahe Vaterschaftsanerkennung sei im Interesse des Kindes einem langwierigen Gerichtsverfahren vorzuziehen, beinhalte eine Wertung, die dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Ausweislich des Regierungsentwurfs zum Kindschaftsrechtsreformgesetz solle beim Tod der Mutter gerade keine Anerkennung mehr möglich sein; vielmehr sei ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren für das Kind wegen der größeren Sicherheit günstiger. Hätte der Gesetzgeber für den Todesfall eine Ausnahme vom Zustimmungserfordernis vorsehen wollen, hätte dies im Gesetz Niederschlag finden müssen. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift verbiete sich, da der Zweck der Regelung nicht primär im Schutz der Mutter liege, sondern auch und gerade in der Gewährleistung der Statuswahrheit. Dies gelte umso mehr, als das Kind aus seinem verfassungsrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrecht ein Recht auf Kenntnis der eigenen biologisch-genetischen Abstammung habe. Die Argumentation, dass auch im Fall einer Vaterschaftsanerkennung mit Zustimmung der Mutter die biologische Vaterschaft nicht geprüft werde, greife insofern zu kurz, als die Zustimmung der Mutter zumindest eine höhere – wenn auch nicht absolute – Gewähr für die biologische Richtigkeit der Anerkennung biete als der bloße positive Wille von Anerkennendem und Kind. Die Ermöglichung von Abstammungsverhältnissen ohne hinreichend sichere Feststellung der biologischen Vaterschaft stelle keinen legitimen Zweck des Abstammungsrechts dar, sondern sei letztlich an den Regeln der Adoption zu messen.

[7] 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Standesamt hat die von der Betroffenen beantragte Folgebeurkundung nach §§ 5 Abs. 1 und 2, 27 Abs. 1 Satz 1 PStG im Geburtenregister vorzunehmen, weil die Anerkennung der Vaterschaft wirksam ist.

[8] a) Nach § 1595 Abs. 1 BGB bedarf die Anerkennung der Vaterschaft der Zustimmung der Mutter. Ob das Zustimmungserfordernis auch dann noch gilt, wenn die Mutter – wie im vorliegenden Fall – bereits verstorben ist, ist umstritten.

[9] Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass das Zustimmungserfordernis über den Tod der Mutter hinaus gilt. Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, dass der Zweck der Regelung nicht primär dem Schutz der Mutter diene, sondern gerade auch in der Gewährleistung der Statuswahrheit liege. Die alleinige Zustimmung des Kindes biete jedoch keine vergleichbare Garantie für die biologische Richtigkeit des Abstammungsverhältnisses. Biologisch unzutreffende Abstammungsverhältnisse zu ermöglichen, sei kein legitimer Zweck des Abstammungsrechts. Außerdem fänden sich im Gesetzestext keine Anhaltspunkte dafür, dass das Erfordernis der Zustimmung der Mutter eingeschränkt sei. Schließlich verweise auch der Regierungsentwurf (BT-Drucks 13/4899 S. 54) zum Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) v. 16.12.1997 (BGBl I S. 2942) das Kind für den Fall des Vorversterbens der Mutter auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren nach § 1600d BGB (vgl. LG Koblenz StAZ 2003, 303; BeckOGK/Balzer, [Stand: 1.8.2023], BGB § 1595 Rn 13.1; BeckOK BGB/Hahn, [Stand: 1.8.2023], § 1595 Rn 4; Soergel/Schmidt-Recla, BGB, 13. Aufl. § 1595 Rn 3; Hdb. FamR/Waruschewski, 12. Aufl., Kap. 3 Rn 143).

[10] Nach anderer Auffassung entfällt das Zustimmungserfordernis mit dem Tod der Mutter. Ein höchstpersönliches Beteiligungsrecht setze voraus, dass der Erklärungsbefugte am Leben sei. Auch gehe es nicht darum, die höchstpersönliche Erklärung der Mutter zu ersetzen, sondern diese sei schlicht entbehrlich geworden. Insofern habe der Gesetzgeber die zu entscheidende Frage nicht geregelt. Es sei kein Grund ersichtlich, den Beteiligten in dies...

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