KG, Beschl. v. 4.9.2023 – 16 UF 21/23

1. Die Regelung des Versorgungsausgleichs unterliegt, soweit nicht ausnahmsweise die EuGüVO anwendbar ist, dem nach Art. 17 Abs. 4 EGBGB berufenem Recht, und nach der danach berufenen Rechtsordnung beurteilt sich auch die Inhalts- und Ausübungskontrolle gemäß § 8 Abs. 1 VersAusglG in Bezug auf eine von den Ehegatten abgeschlossene Vereinbarung über den Versorgungsausgleich.

2. Wenn eine formal wirksame Vereinbarung der Ehegatten über den Versorgungsausgleich der Inhalts- und Ausübungskontrolle nach § 8 Abs. 1 VersAusglG nicht standhält, ist der Versorgungsausgleich vom Familiengericht von Amts wegen entsprechend den gesetzlichen Regelungen durchzuführen.

3. Im Rahmen der materiellen Wirksamkeitskontrolle einer ehevertraglichen Vereinbarung zum Versorgungsausgleich ist zu prüfen, inwieweit durch die Vereinbarung Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts abbedungen werden und ob hierfür ggf. eine angemessene Kompensation erfolgt. Sodann hat eine umfassende Prüfung der Vereinbarung anhand aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen, bei der u.a. die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten, der "Zuschnitt" ihrer Ehe, die Auswirkungen der Vereinbarung, die aufenthaltsrechtlichen Verhältnisse eines ausländischen Ehegatten sowie der Zweck, den die Ehegatten mit der Vereinbarung verfolgt haben, zu berücksichtigen sind.

4. Wenn bei Abschluss einer Vereinbarung zum Versorgungsausgleich die ausländerrechtliche Rechtsposition eines Ehegatten, falls es in diesem Zeitpunkt zur Trennung und Scheidung kommen sollte, völlig ungesichert ist, spricht das für ein strukturelles Verhandlungsungleichgewicht zu Lasten dieses Ehegatten und ist im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle zu würdigen.

5. Der Hinweis eines Ehegatten, sowohl er als auch der andere Ehegatte seien "sowjetisch sozialisiert und erzogen" und deshalb von der Erwartung einer beiderseitigen Vollzeitberufstätigkeit während der Ehe durchdrungen gewesen, rechtfertigt noch nicht die Annahme einer gleichberechtigten Partnerschaft "auf Augenhöhe", wenn sich aus den objektiven Umständen ein anderes ergibt.

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