Der heutige Stand der BGH-Rechtsprechung zum Ausgleich schwiegerelterlicher Leistungen hat sich aus den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zur Vermögensauseinandersetzung von Ehegatten außerhalb des Zugewinnausgleichs entwickelt.[6] Diese betreffen im Wesentlichen Fälle des Scheiterns des Zugewinnausgleichs aus rechtlichen (Gütertrennung, nachteiliger modifizierter Zugewinnausgleich) oder aus tatsächlichen (rechnerischen) Gründen (verbrauchtes Anfangsvermögen, überschuldetes Endvermögen).[7] Die Grundsätze zur ehebezogenen Zuwendung wurden vom BGH für die Schwiegerelternzuwendungen übernommen.[8] Davon nahm er am 3.2.2010 wieder Abstand und führte für diese Fälle die ehebezogene Schenkung ein.[9] An der Behandlung von Arbeitsleistungen änderte er nichts. Für sie gilt weiterhin der Kooperationsvertrag.

[6] Dazu im Einzelnen Herr, Zugewinnausgleich und Nebengüterrecht – eine vergleichende Betrachtung mit Blick auf die lex ferenda unter besonderer Berücksichtigung von Wertsteigerungen und Nutzungen, FF 2021, 487.
[7] Die im Nebengüterrecht grundsätzlich konkurrierende Anspruchsgrundlage der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft ist in Familienheimfällen nicht anwendbar, bei denen es am erforderlichen Rechtsgeschäftswillen (subjektiver Gesellschaftstatbestand) fehlt. Der Geschäftswille richtet sich mit dem Familienheim nämlich auf einen rein eheimmanenten und somit nicht auf einen gesellschaftsrechtlichen Zweck. Die Innengesellschaft spielt daher im obenstehenden Beispielsfall keine Rolle. Es verbleiben bei Ehegatten die Anspruchsgrundlagen der ehebezogenen Zuwendung und des familienrechtlichen Kooperationsvertrages (die beiden Unterfälle des übergeordneten familienrechtlichen Vertrags sui generis über den Ausgleich ehelicher Wertschöpfungen), vgl. auch BGH FamRZ 1972, 201 = JR 1972, 244.
[9] BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958.

I. Die Entwicklung der BGH-Rechtsprechung zu den Ausgleichsansprüchen zwischen Ehegatten

Mit seiner Entscheidung vom 11.1.1972[11] führte der Bundesgerichtshof, auf eine berühmte Arbeit von Lieb aufbauend,[12] die Grundsätze zum familienrechtlichen Vertrag sui generis ein. Dies zunächst nur in der Ausprägung des Vertrages über eine ehebezogene Zuwendung, da über den Ausgleich von Arbeitsleistungen (noch) nicht zu entscheiden war.

Ein solcher Fall kam am 8.7.1982[13] zum Spruch. Der Bundesgerichtshof erstreckte die sui-generis-Rechtsprechung auf die nunmehr zweite Ausprägungsform des familienrechtlichen Kooperationsvertrages (Arbeitsleistungen). Arbeitsleistungen seien nicht schenkbar und daher auch keine Zuwendungen und somit auch keine ehebezogenen Zuwendungen, aus denen sich ein Ausgleichsanspruch ergeben könnte. Dies bedeute aber nicht, dass es dafür überhaupt keinen Ausgleich gebe.

Aus der Begründung:

Zitat

Der Ehemann (Kläger) war Straßenbaupolier und Schachtmeister. Mit seiner Ehefrau hatte er Gütertrennung vereinbart.

F war Eigentümerin eines Hausgrundstücks, welches umgebaut wurde und als Familienheim vorgesehen war. Im Rahmen des Umbaus erbrachte M erhebliche Arbeits- und Sachleistungen. Außerdem trug er die Hälfte der Erwerbskosten. Später kam es zur Trennung.

Hinsichtlich der Sachleistungen erkannte der Bundesgerichtshof erneut auf ehebedingte Zuwendungen. Für die Arbeitsleistungen sei ihm dies auf der Grundlage seiner Rechtsprechung nicht möglich, da solche nicht schenkbar und daher auch nicht zuwendbar seien. Er stellte sie den Vermögenszuwendungen aber gleich und führte unter dem Dach des sui-generis-Vertrages dessen zweiten Anwendungsfall, den familienrechtlichen Kooperationsvertrag, ein. Der Bundesgerichtshof fasste beides sogar im Leitsatz zusammen: "Hat ein Ehegatte bei Gütertrennung den Erwerb eines Hausgrundstücks durch den anderen mitfinanziert und zum Ausbau des Anwesens als Familienwohnheim in erheblichem Umfang Arbeitsleistungen erbracht, so kann ein (!)[14] familienrechtlicher Vertrag besonderer Art zustande gekommen sein." Durch diese abstrahierende Einordnung brachte er die Äquivalenz beider Leistungsarten sinnfällig zum Ausdruck.

Es liege bei Arbeitsleistungen am Familienheim jedoch nicht nur keine Zuwendung, sondern auch keine konkludente Ehegatteninnengesellschaft vor, da eine solche aus Gründen des subjektiven Tatbestands beim Familienheim ausscheide.[15]

Daraus könne aber nicht gefolgert werden, dass das Verhalten der Parteien überhaupt keine rechtsgeschäftliche Qualität gehabt habe. Unter den gegebenen Umständen sehe der Senat in dem geschilderten Verhalten der Parteien ebenfalls den schlüssigen Abschluss eines besonderen familienrechtlichen Vertrags, insgesamt eines (einzigen) solchen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1972, 580; 1974, 1554; zuletzt BGHZ 82, 227) – dies ist die Rechtsprechung zur ehebezogenen Zuwendung! – liege im Scheitern der Ehe regelmäßig ein Wegfall der Geschäftsgrundlage. Auch bei Verträgen der hier vorliegenden Art ermögliche die Anwendung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage angemessene Ergebnisse. Sie führe insbesondere...

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