Dr. Christian Grabow

Die Mitgliederumfrage der AG Familienrecht widmete sich 2021 dem Einfluss der Digitalisierung auf den familienrechtlichen Kanzleibetrieb im Lichte der Coronakrise. Die Ergebnisse sind zusammenfassend auf der digital durchgeführten Herbsttagung am 25.11.2021 vorgestellt worden. Die "FF" wird in einer der nächsten Ausgaben darüber berichten.

Blickt man auf die Ergebnisse, so zeigt sich ein ambivalentes Bild.

Die technische Ausstattung der Kanzleien wird ganz überwiegend von der Nutzung elektronischer Anwaltsprogramme dominiert. Weiterhin gaben ca. 60 % der Teilnehmer an der Umfrage an, eine digitale Spracherkennung zu nutzen. Demgegenüber wird die Aktenführung (noch) von der Papierform bestimmt. Nur knapp 8 % berichteten von der ausschließlich digitalen Aktenführung. Ob sich dieser Anteil deutlich erhöhen wird, wenn ab 2026 im Gerichtsbetrieb die elektronische Akte flächendeckend eingeführt wird, blieb in den Antworten der Teilnehmer offen.

Die deutlichsten Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigten sich in den Änderungen der Kommunikationsformen.

Bedingt durch weitgehende Kontakteinschränkungen verlagerte sich die Kommunikation überwiegend zum E-Mail-Austausch. Außerdem gaben ca. 25 % der Teilnehmer an, Messengerdienste und dabei überwiegend WhatsApp zu nutzen. Sowohl bei diesem Übertragungsweg als auch im E-Mail-Verkehr wurde jedoch deutlich, dass eine sichere Datenübermittlung in Form von Verschlüsselungen gegenwärtig noch nicht als Standard angesehen werden kann. Nicht zu Unrecht ist deshalb in einer offenen Frage von Mitgliedern kritisch geäußert worden, dass es bislang an einer sicheren und handhabbaren Verschlüsselungspraxis im Austausch mit Mandanten und Behörden mangele. Gerade weil häufig sensible Informationen übermittelt werden, gibt es hier einen dringenden Handlungsbedarf. Die Notwendigkeit folgt auch aus dem Gebot der anwaltlichen Verschwiegenheit.

In der Kommunikation mit Gerichten und Anwaltskolleg(inn)en hat das beA eine dominierende Funktion eingenommen. Dies gilt sowohl für die aktive, als auch für die passive Nutzung. Eine vergleichbare Möglichkeit fehlte bislang im Austausch mit Jugendämtern, Familienberatungsstellen, UVG-Kassen etc. Zwar sind Behörden verpflichtet, ab Beginn diesen Jahres das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) vorzuhalten und zu nutzen. Eine Kopplung mit dem beA scheint zurzeit jedoch noch nicht möglich zu sein. Wenn die Anwälte ihre Mitteilungen an Jugendämter und andere Behörden per beA über das dortige beBPo senden könnten und umgekehrt der gleiche Übertragungsweg möglich wäre, müsste allerdings eine datenschutzsichere Übermittlung gewährleistet sein. Bei der Nutzung des beA erfolgte dies über die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Im Ergebnis der Umfrage bewerteten die Teilnehmer die Digitalisierung in der familienrechtlichen Arbeit überwiegend als positiv. Dabei wurden die Effektivitätssteigerungen in der Kanzleitätigkeit und Zeiteinsparungen, z.B. bei der Durchführung von Videoverhandlungen anstelle von Gerichtsterminen mit Präsenzanwesenheit, hervorgehoben.

Mit Skepsis betrachteten Teilnehmer der Umfrage allerdings auch, dass der unmittelbare Kontakt zum Mandanten beeinträchtigt werden könnte. Aufgrund der Spezifik familienrechtlicher Mandatsbearbeitung überrascht diese Sorge nicht. Ein(e) Teilnehmer(in) fasste die Einschätzung mit den Worten zusammen: "Empathie, wirkliches Zuhören und Vertrauen können nicht digitalisiert werden." Insofern bleibt die familienrechtliche Arbeit spannend.

Autor: Dr. Christian Grabow

Dr. Christian Grabow, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht, Mediator, Ludwigslust

FF 2/2022, S. 45

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