Katrin Bender

Gleich zu Beginn das frisch in Kraft getretene Gesetz zu Betreuung, Vormundschaft, Pflegschaft!

Der gute Vorsatz, der bereits 2020 gefasst wurde, wird nun endlich umgesetzt. Und kennen wir das nicht alle: Bis zur Umsetzung solch guter Vorsätze bedarf es mitunter etwas länger … und allen Beteiligten kommt die konkrete Umsetzung vielleicht nicht immer zupass.

Doch zunächst einmal: Was war der Anstoß des guten Vorsatzes, das Betreuungs-, Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht zu überarbeiten? Ganz klar: die Stärkung der Selbstbestimmung und Privatautonomie des/der Einzelnen sowie die Systematisierung und einfachere Handhabung der bezeichneten Bereiche unseres Familienrechts.

Und nun die Frage: Ist das gelungen? Meines Erachtens "ja!", wenn auch – ist das nicht bei jedem guten Vorsatz der Fall?! – mit einigen (kleinen) Abstrichen und Kritikpunkten.

Das Ziel, die Bereiche untereinander systematischer zu ordnen ist erreicht. Besser als zuvor erleichtert in diesen Bereichen ein Blick ins Gesetz die Rechtsfindung.

Zu bedauern ist, dass das Gesetz im Vormundschaftsrecht nach wie vor vom "Mündel" spricht – ein völlig überalterter Begriff, der noch auf die Anfänge des BGB zurückgeht.

Gelungen ist die Stärkung der (Wahl-)Rechte des/der Einzelnen insbesondere im Rahmen des Betreuungsrechts durch die deutlichere Normierung des Vorrangs der Wünsche des Betreuten (sowohl hinsichtlich der Person des Betreuers/der Betreuerin, dessen/deren Handeln, das eigene Mitsprache- und Entscheidungsrecht).

Eine Vereinfachung soll im Betreuungsbereich das "Ehegattennotvertretungsrecht" bringen. Sicherlich ist dadurch ein schnelles Handeln im Notfall möglich und wird es in den meisten Fällen im Sinne des jeweiligen Ehegatten sein, dass dem/der Anderen erst einmal ein Entscheidungsrecht zusteht. In den meisten Fällen bedeutet aber nicht in allen Fällen. Zwar sieht der Gesetzgeber (der sich hier anders als im Bereich der Organspende entschieden hat) ein Widerspruchsrecht vor und dabei auch, dass ein solcher Widerspruch im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer vermerkt werden kann. Dieser Eintrag dürfte jedoch ein recht stumpfes Schwert sein, da der/die jeweilige Arzt/Ärztin nicht verpflichtet ist, Einblick in dieses Register zu nehmen und sich vielmehr auf die Angaben des vertretenden Ehegatten, dass Ausschlussgründe für das Ehegattennotvertretungsrecht nicht bestehen, verlassen darf.

Auch im (Minderjährigen-)Vormundschaftsrechts bringt uns der gute Vorsatz des Gesetzgebers eine umfassende Neuregelung. Hier stehen die Rechte der Kinder und der "Mündel" nunmehr deutlicher im Fokus – was im Minderjährigenbereich an manchen Stellen auch zu einer Beschneidung der Rechte der Eltern führt, z.B. in § 1638 BGB was die Vermögenssorge betreffend etwa ererbtes Vermögen anbelangt. Denn ein Erblasser kann nunmehr mit bindender Wirkung den Eltern insoweit durch letztwillige Verfügung die Vermögenssorge entziehen (mit der Folge, dass ein Pfleger bestellt werden muss) oder den Eltern konkrete Verwaltungsanordnungen erteilen. Insgesamt passen die Neuerungen sowohl in unser Kindschaftsrecht, in welchem ebenfalls das Kindeswohl im Vordergrund und Mittelpunkt steht als auch in vielen Fällen zu den Wünschen der Erblasser, die den Eltern die "mündelsichere Verwaltung" nicht zutrauen (was ich in der Praxis schon ab und an erlebt habe).

Ich freue mich auf jeden Fall, im laufenden Jahr mehr zu diesen Themen zu lesen und mit Ihnen dazu in den Austausch zu gehen.

Und für das neue Jahr wünsche ich Ihnen allen von Herzen alles Gute, viel Spaß, viel Geduld und Erfolg für die Umsetzung Ihrer beruflichen sowie persönlichen guten Vorsätze! Und sollten Sie erst gar keine haben: Alles ist möglich!

Autor: Katrin Bender

Katrin Bender, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Worpswede

FF 1/2023, S. 1

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